Zuversicht - Mut ist der Anfang jeden Handelns (Teil 1)

Shownotes

In dieser besonderen Folge des Podcasts werden Ausschnitte der Jubiläumsfeier des Netzwerks Pflegefamilien präsentiert, das sein 30-jähriges Bestehen feiert. Der Tag stand unter dem Thema "Zuversicht - Mut ist der Anfang jeden Handelns".

Diskutiert wird die Frage, wie es gelingt, in gesellschaftlichen oder persönlichen schweren Zeiten zuversichtlich zu bleiben. Dazu trägt die Journalistin Ronja von Wurmb-Seibel bei, die ein anderes Denkmodell entwickelt hat und sich fragt: Was machen eigentlich Nachrichten und schicksalshafte Ereignisse mit uns?

Ronja von Wurmb-Seibel, die so gut wie keine Zeitung mehr liest, betont, dass es Sinn machen kann und Vorteile hat, um in dieser komplexen Welt klarer umgehen zu können und vor allem das Positive sehen zu können. Ihr Buch "Wie wir die Welt sehen", erschienen im Kösel-Verlag (2022), spiegelt diese Philosophie wider. Sie möchte weiterhin über Probleme in der Welt schreiben, dabei aber gleichzeitig aufzeigen, wo Hoffnungsschimmer liegen. Dies soll nicht die bestehenden Probleme marginalisieren, sondern vielmehr die Frage aufwerfen: "Okay, das ist schlimm, aber was machen wir jetzt damit? Wie können wir aktiv damit umgehen und vielleicht sogar etwas am Status quo verbessern?"

Der Vortrag wird gefolgt vom ersten Teil einer Diskussionsrunde mit ehemaligen Pflegekindern, aktiven Pflegeeltern und Familienberater*innen. Moderiert wurde der Tag von Thomas Philipzen.

Themen:

  • 30 Jahre Netzwerk Pflegefamilien
  • Zuversicht in schwierigen Zeiten
  • Ronja von Wurmb-Seibel und ihr Buch "Wie wir die Welt sehen"
  • Diskussionsrunde mit Pflegekindern, Pflegeeltern und Familienberater*innen
  • Moderation von Thomas Philipzen

Transkript anzeigen

00:00:00: Wenn Sie jeden Tag drei oder fünf Dinge aufschreiben, sich vor Augen halten oder sonst wie für die,

00:00:05: die dankbar sind, die schön sind, klingt das erstmal nach.

00:00:08: Na ja, was soll das denn ändern?

00:00:10: Es ist aber wissenschaftlich erwiesen, das reicht tatsächlich schon, um unserem Gehirn,

00:00:14: also wir dürfen auch mehr machen, aber das ist schon ein super erstes Training, um unser Gehirn

00:00:19: quasi darauf aufmerksam zu machen oder ihm die Botschaft zu geben.

00:00:22: Vorsicht, diese Informationen sind für mich auch relevant.

00:00:26: Also wir trainieren unser Gehirn quasi zu sagen, übersehen die mal nicht.

00:00:29: Netzwerkpflegefamilien, der Podcast

00:00:36: Herzlich willkommen bei einer neuen Folge unseres Podcasts.

00:00:41: Heute etwas anders als Sie übrigens folgen, denn ich habe heute keinen Gast bei mir,

00:00:45: sondern wir präsentieren euch Ausschnitte unserer Jubiläumsfeier,

00:00:49: denn das VSE Netzwerkpflegefamilien ist 30 Jahre alt geworden.

00:00:53: Der Tag stand unter dem Thema Zuversicht.

00:00:56: Mut ist der Anfang jeden Handelns.

00:00:58: Dabei ging mir der Frage nach, wie wir es schaffen,

00:01:01: in gesellschaftlich oder persönlichen schweren Zeiten zuversichtlich zu bleiben.

00:01:06: Wie das funktionieren kann, das hat unter anderem die Journalistin Ronja von Wurmsaybel erzählt.

00:01:11: Ihren Vortrag hört ihr gleich und im Anschluss daran den ersten Teil einer Diskussionsrunde

00:01:17: mit ehemaligen Pflegekindern, aktiven Pflegeeltern und Familienberater*innen.

00:01:22: Die Moderation des Tages hatte Thomas Philipsen.

00:01:25: Ronja von Wurmsaybel hat ein anderes Denkmodell entwickelt und stellt die Frage,

00:01:31: was machen eigentlich Nachrichten und schicksalshafte Ereignisse mit uns?

00:01:34: Sie hat dazu ein tolles Buch geschrieben, wie wir die Welt sehen.

00:01:38: Die Credo als Journalistin ist, sie will weiterhin über die Probleme der Welt schreiben,

00:01:43: dabei aber gleichzeitig aufzeigen, was vielleicht ein Hoffnungsschimmer sein kann.

00:01:48: Und zwar nicht, um die bestehenden Probleme zu marginalisieren,

00:01:51: sondern mit dem Gedanken, okay, das ist schlimm, aber was machen wir jetzt damit?

00:01:56: Wie können wir aktiv damit umgehen und vielleicht sogar etwas am Status quo verbessern?

00:02:01: Also, raus aus der Detailie, rein ins Aktivferden, ins Bearbeiten.

00:02:06: Und so ist es häufig auch mit den Lebensgeschichten von Pflegekindern.

00:02:10: Ihr bisheriges Leben, so individuell die einzelnen Geschichten auch sind,

00:02:14: ist geprägt von dem schweren Schicksal, dass sie nicht bei ihren Eltern leben können.

00:02:19: So, dann hör' wir doch mal rein in den Vortrag von Ronja von Wurms Seibel.

00:02:24: Ja, ich freue mich sehr, hier zu sein und will nur ganz kurz, bevor ich zum eigentlichen Thema komme,

00:02:29: sagen, dass ich auch Selbstpflegemutter bin, inzwischen eines inzwischen erwachsenen Jugendlichen.

00:02:35: Und ich hab das nicht in Westfalen gemacht, sondern in Hamburg.

00:02:39: Deswegen möchte ich einmal auch, erlaubt mir das einfach mal,

00:02:42: stellvertretend für alle Pflegeeltern, die nicht so ein tolles Netzwerk gebrücken hatten.

00:02:46: Danke sagen für diese Arbeit.

00:02:48: Ich bin weitaus kein Expertin, aber ich weiß auf jeden Fall, wie wichtig sie ist

00:02:52: und wie viel Liebe und Sicherheit es braucht, damit so eine Reise gut gelingen kann.

00:02:57: Genau, also ich bin auch emotional heute ganz da, will ich damit nur sagen.

00:03:08: Genau, jetzt ist mein Job ja aber was ganz anderes, nämlich einmal in diese Welt abzutauchen

00:03:14: von eigentlich negativen Nachrichten, das machen wir auch gleich.

00:03:18: Davor möchte ich sie aber eigentlich nochmal in eine ganz, ganz andere Welt entführen,

00:03:23: nämlich in die Welt meiner Oma.

00:03:25: Meine Oma ist 91 Jahre alt geworden und hat fast ihr ganzes Leben lang in einer Kleinstadt gelebt.

00:03:31: Normalerweise erzähle ich bei solchen Vorträgen jetzt immer ganz kompliziert, wo die Kleinstadt ist.

00:03:36: Hier kann ich glaube ich einfach sagen, Haltern am See.

00:03:43: Und ich selber bin nicht dort aufgewachsen, sondern im Münchner Outback,

00:03:47: in einem kleineren Dorf im Westen von München.

00:03:50: Und das heißt, ich habe meine Oma nicht so oft gesehen.

00:03:53: Wir waren meistens in den Ferien hier und das waren dann so, sage ich mal, drei Mal im Jahr,

00:03:57: vielleicht dazwischen lagen immer mehrere Monate.

00:04:00: Und ich weiß noch, dass immer, wenn wir wieder mit meiner Oma angekommen sind,

00:04:03: dass sie mir und meinen Geschwister so eine Art Update gegeben hat, was in der Zwischenzeit passiert war.

00:04:08: Also was in Haltern am See passiert war, was in ihrer Nachbarschaft passiert war.

00:04:12: Was in unserer Großfamilie passiert war.

00:04:15: Und obwohl das Ganze schon eine Weile her ist, ich bin inzwischen 37 Jahre,

00:04:20: weiß ich noch, dass das wirklich immer die absoluten Horrorgeschichten waren.

00:04:24: Also Leute hatten sich getrennt, das war noch das harmloseste, sind obdachlos geworden,

00:04:30: drogensüchtig, an Krebs erkrankt, an anderen lebensbedrohenden Krankheiten wurden ausgeraubt.

00:04:37: Also immer so Geschichten, wo zumindest für den Moment das Leben der betroffenen Person

00:04:42: so entschärben vor den Füßen lag.

00:04:45: Und das war, ich erinnere mich wirklich noch wie heute an den Moment, wo ich dachte,

00:04:49: boah, also die armen Menschen in Haltern am See, was haben die für ein Pech,

00:04:54: dass die in so einer wahnsinnig gefährlichen Stadt geboren sind.

00:04:58: Und ich konnte wirklich überhaupt nicht verstehen, warum die nicht einfach irgendwann wegziehen,

00:05:02: wenn da ständig so furchtbare Dinge passieren.

00:05:05: Und ich war so froh und beruhigt, dass ich selber aus dem sicheren München kam,

00:05:09: wo all diese Furchtbahndinge einfach nicht so passierten.

00:05:13: Oder so war das zumindest meine Wahrnehmung.

00:05:15: Sie haben jetzt gelacht, ich schmunzle inzwischen auch,

00:05:17: tatsächlich war das damals meine Überzeugung und zwar für einige Jahre.

00:05:21: Ich glaube, ich war so 14 oder so, als ich irgendwann gemerkt habe,

00:05:24: nee, das ist natürlich totaler Quatsch.

00:05:26: Haltern am See ist nicht gefährlicher als jede andere Kleinstadt auch in Deutschland.

00:05:31: Und dass mein Eindruck eben allein daraus gespeist war von den Geschichten,

00:05:36: die meine Oma mir immer erzählt hat und so regelmäßig erzählt hat.

00:05:39: Und ich habe mit ihr darüber nie gesprochen über den Grund,

00:05:42: aber ich vermute einfach, sie hat sich bewusst oder unbewusst überlegt,

00:05:46: als wir zu Besuch kommen, na, was kann ich denn denn Neues erzählen,

00:05:50: was haben die vielleicht noch nie gehört, was finden die vielleicht auch beeindruckend

00:05:53: oder ungewöhnlich oder ja, einfach vielleicht Dinge auch,

00:05:56: die sie beschäftigt haben, weil sie eben so nicht alltäglich waren.

00:05:59: Und auf der anderen Seite ist bei mir dann aber eben dieser Eindruck entstanden,

00:06:02: dass Haltern am See tatsächlich so gefährlich war.

00:06:05: Es hat noch ein paar Jahre gedauert,

00:06:07: dann hat sich mein Blick dem meiner Oma etwas angenehrt.

00:06:10: Also persönlich hoffe ich nicht, das müssen andere bezeugen,

00:06:14: aber beruflich auf jeden Fall.

00:06:16: Ich bin Journalistin geworden, ich habe bei der Wochenzeitung die Zeit

00:06:19: im Politikressort gearbeitet als Redakteurin

00:06:21: und habe für mich eigentlich den Beruf so verstanden,

00:06:24: ja, ich schau, was schlecht läuft in unserer Gesellschaft,

00:06:28: wo die Fehler sind, wo die Missstände sind,

00:06:30: und das recherchiere ich und dann berichte ich das.

00:06:33: Und dann, was dann passiert, darüber habe ich nicht so konkret nachgedacht,

00:06:36: aber hatte, glaube ich schon irgendwie so, zumindest so ein Gefühl,

00:06:39: na ja, dann kümmert sich da schon irgendwer drum.

00:06:41: Also so war, glaube ich, meine Einstellung.

00:06:43: Und ich bin damit auch sehr gut gefahren.

00:06:45: Also mir hat das wirklich Spaß gemacht, ich fand das sehr erfüllend.

00:06:48: Ja, das waren aber wirklich einfach so Probleme, Probleme, Probleme.

00:06:51: Also ich habe zum Beispiel mit traumatisierten Veteranen der Bundeswehr gesprochen,

00:06:55: die nicht genug Versorgung bekommen haben,

00:06:57: ich war in einer Tee in der Finanzkrise,

00:06:59: habe mich da mit dem wirklich sehr, sehr mangelhaften Gesundheitssystem beschäftigt,

00:07:05: das auch unter den europäischen Sparmaßnahmen sehr gelitten hat.

00:07:09: Ich habe über Kinderarmut in Hamburg berichtet,

00:07:11: also alles jetzt nicht so Happy End Themen, sage ich mal.

00:07:15: Und bin damit aber auch ganz gut gefahren.

00:07:17: Das hat sich dann nochmal sehr geändert,

00:07:20: als ich mit 27 Jahren beschlossen habe, nach Afghanistan zu ziehen

00:07:24: und dort als Reporterin zu arbeiten.

00:07:26: Ich war damals noch relativ jung, würde ich mal sagen, aus heutiger Sicht,

00:07:31: aber ich war auf jeden Fall nicht naiv.

00:07:33: Also mir war schon klar, was ich da mache.

00:07:35: Mir war klar, dass Anders als Haltern am See Kabul wirklich ein bisschen gefährlicher ist.

00:07:38: Und dort einige Risiken auf mich warten,

00:07:41: denen ich jetzt hier einfach aus dem Weg gehen könnte.

00:07:43: Ich habe mich entsprechend vorbereitet.

00:07:45: Ich habe einen Seminar bei der Bundeswehr gemacht,

00:07:47: wo man unter anderem 3, 4 Stunden entführt wird.

00:07:49: Kann ich niemanden empfehlen,

00:07:51: weil sie mal die Gelegenheit haben sollten, sagen sie nein.

00:07:54: Ich habe einen ersten Hilfekurs gemacht,

00:07:56: sodass ich mich hätte selbst versorgen können,

00:07:58: wenn ich angeschossen worden wäre,

00:07:59: ich habe ein Testament geschrieben.

00:08:00: Also ich sage das alles nicht um zu brahlen,

00:08:02: sondern um zu sagen, mir war schon klar, was ich da mache.

00:08:04: Meine Oma übrigens auch,

00:08:06: die hat mir damals ein Zeitungsartikel ausgeschnitten

00:08:09: und per Post geschickt aus dem SC Magazine,

00:08:12: der gegenüber eine Kriegsreporterin,

00:08:14: die während ihrer Arbeit gestorben ist.

00:08:17: Und der Artikel kann man sich vorstellen, war an sich schon nicht so erbaulich.

00:08:20: Meine Oma hat noch mit Linealfeinsäuberlich

00:08:22: die schlimmsten Stellen unterstrichen.

00:08:25: Es war dann so fragwürdiger Lebenswandel,

00:08:29: massive Alkoholkonsum, unstete Beziehungen.

00:08:32: Sie hat wirklich alles versucht mit diesem Artikel,

00:08:35: dass ich meine Entscheidung nochmal überdenke, hat,

00:08:37: aber nicht funktioniert.

00:08:38: Ich bin nach Afghanistan gezogen.

00:08:40: Und ja, war, wie gesagt, auch gut vorbereitet.

00:08:42: Ich habe dann aber vor Ort ganz schnell gemerkt,

00:08:44: dass ich trotz dieser Vorbereitung eine Sache komplett vergessen habe.

00:08:47: Und ich kann eigentlich nicht mal sagen vergessen,

00:08:49: weil ich habe einfach nicht drüber nachgedacht davor.

00:08:51: Und das war die Frage, was die Nachrichten in Afghanistan mit mir machen.

00:08:55: Und ich habe gerade extra Nachrichten in Anführungszeichen gesagt,

00:08:58: weil bevor Dinge zu Nachrichten werden,

00:09:01: das davor stand ja mein Job.

00:09:03: Das heißt, für mich waren das einfach Menschen,

00:09:05: die vor mir saßen, die mir ihre Geschichte erzählt haben,

00:09:07: die ich vielleicht begleitet habe,

00:09:09: während ihnen Dinge passiert sind,

00:09:11: oder sie zumindestens davon erzählt haben,

00:09:13: die eben für mich jedenfalls damals sehr erschütternd waren.

00:09:16: Die erste Geschichte, die ich in Afghanistan recherchiert habe,

00:09:19: ging um am Drogenabhängige Jugendliche, das ist, und Kinder.

00:09:22: Das ist in Afghanistan leider strukturell ein riesiges Problem.

00:09:25: Aus dem sehr banalen Grund eigentlich,

00:09:27: dass 95 Prozent aller Opiate weltweit aus Afghanistan stammen.

00:09:31: Das heißt, die sind einfach in Unmengen vorhanden,

00:09:34: sehr, sehr günstig.

00:09:36: Und das gemischt mit eben der Tatsache,

00:09:38: dass viele Menschen dort wirklich starke Probleme im Leben haben,

00:09:41: führt das eben dazu,

00:09:42: dass viele Menschen auch schon sehr früh in die Abhängigkeit geraten.

00:09:45: Ich habe damals zwei Familien begleitet,

00:09:47: und das jüngste Kind, das ich damals getroffen habe,

00:09:49: das war ein Jahr alt und bereits abhängig von Opium.

00:09:52: Und das war für mich so ein Punkt,

00:09:54: wo ich sehr schnell und sehr stark meinen Beruf in Frage gestellt habe,

00:09:59: und mich gefragt habe, so was mache ich hier eigentlich?

00:10:01: Ich höre jetzt diese Geschichten, ich schreibe darüber,

00:10:04: ich schicke die nach Deutschland, die werden dort gedruckt,

00:10:07: Menschen lesen das.

00:10:09: Und ich habe mir schon vorgestellt,

00:10:11: dass es dann auch so etwas wie Mitgefühl gibt,

00:10:13: die Schlechte lesen.

00:10:15: Ich konnte aber gar nicht anders,

00:10:17: als mir auch so eine Art Schulterzucker vorzustellen.

00:10:19: Dass Menschen irgendwann dann sagen, naja, es ist schlimmer,

00:10:21: aber es ist auch weit weg,

00:10:23: und ich kann nichts dagegen tun.

00:10:25: So was inwiefern berührt mich das.

00:10:27: Wieder eine schlechte Geschichte aus Afghanistan.

00:10:29: Und dann hatte ich irgendwie schnell den Impuls,

00:10:31: nee, da will ich nicht mitmachen.

00:10:33: Ich muss das für mich irgendwie anders lösen.

00:10:35: Ich habe darüber dann sehr nachgedacht und auch gehadert,

00:10:37: und bin letztendlich zu der Überzeugung gekommen,

00:10:39: dass ich weiterhin nach Problemen suchen will.

00:10:41: Ich glaube, Probleme sind, es ist wichtig,

00:10:43: Probleme zu verstehen, wenn wir Veränderungen bewirken wollen.

00:10:46: Dass ich aber bei jedem einzelnen Bericht,

00:10:48: den ich persönlich verfasse,

00:10:50: mich immer auch frage, was ist denn so der Hoffnungsschimmer?

00:10:53: Nicht, um die Geschichte so zu erzählen,

00:10:55: dass wir dann sagen können, ach, es ist ja alles gar nicht mehr so schlimm.

00:10:57: Manche Sachen sind einfach furchtbar schlimm.

00:10:59: Besonders mit dem Gedanken oder dem Wunsch,

00:11:02: immer auch meinen Blick in die Frage zu richten,

00:11:05: okay, das ist schlimm.

00:11:07: Und jetzt, was machen wir jetzt damit?

00:11:09: Wir müssen ja wieder raus.

00:11:11: Wie können wir aus diesem Schlammassel wieder rauskommen?

00:11:13: Ich habe das dann angefangen in Afghanistan.

00:11:15: Es hat super gut funktioniert.

00:11:17: Für mich, ich habe auch schnell gemerkt,

00:11:19: dass ich ein ganz anderes Feedback von Leser*innen bekommen,

00:11:22: die eben genau das auch schnell bemerkt haben und mir Rückgemeldet haben,

00:11:25: dass ihnen das sehr hilft.

00:11:27: Und bin dann nach ein halb Jahren wieder zurück nach Deutschland gezogen

00:11:30: und habe damals mit meinem Partner zusammen ein Dokumentarfilm

00:11:33: angefangen über "Lebende eines Selbstmordattentates"

00:11:36: und habe in dem Zusammenhang mich so über die konkrete Geschichte hinaus

00:11:40: angefangen mit Terror zu beschäftigen

00:11:42: und wie eigentlich Terror funktioniert.

00:11:44: Denn Terror ist eigentlich ein sehr merkwürdiges Phänomen aus meiner Sicht.

00:11:48: Verhältnismäßig sterben daran nur,

00:11:50: verhältnismäßig, wie gesagt,

00:11:52: wenige Menschen weltweit.

00:11:54: Und trotzdem war es damals, das war das Jahr 2016,

00:11:59: war damals die größte Angst der Deutschen,

00:12:02: an einem Terroranschlag in Deutschland zu sterben,

00:12:05: quasi nahezu ausgeschlossen ist,

00:12:07: aber das war von 75 Prozent der Menschen in Deutschland

00:12:10: die größte Angst in diesem Jahr.

00:12:12: Das heißt, mich hat diese Frage fasziniert fast schon,

00:12:15: wie gelingt es, dass Menschen so viel Angst davor haben.

00:12:18: Hab dann ganz viele Bücher gelesen, Studien gelesen

00:12:20: und bin letztendlich auf eine Studie gestoßen,

00:12:23: die aus den USA stammt und die im Zusammenhang

00:12:25: mit 9/11 durchgeführt wurde,

00:12:27: wo die Forschende damals festgestellt haben,

00:12:29: dass selbst diejenigen Menschen, die persönlich gar nicht betroffen waren

00:12:34: den Anschlägen, also die selber nicht dort waren,

00:12:36: die aber auch keine Angehörigen verloren haben,

00:12:38: die quasi niemand von den Menschen kannten,

00:12:40: die dort betroffen gestorben oder auch nur verletzt worden sind,

00:12:44: dass bei diesen Menschen aber auch ganz ähnliche Symptome

00:12:47: festgestellt worden sind, wie bei den Menschen,

00:12:50: die tatsächlich von diesen Anschlägen traumatisiert worden sind.

00:12:53: Also allein dadurch, dass sie eben viele Nachrichten

00:12:55: zu diesen Anschlägen konsumiert hatten,

00:12:57: haben sich Trauma-ähnliche Symptome dort feststellen lassen.

00:13:01: Und da habe ich natürlich zu sofort aufgehort,

00:13:05: da habe ich das stark an meinen Beruf erinnert hat.

00:13:08: Und habe für mich so, ja, habe dann immer weiter gelesen,

00:13:10: immer weiter gelesen und habe schnell gemerkt,

00:13:12: dass das inzwischen wirklich breit erforscht ist,

00:13:14: dass negative Nachrichten, wenn wir sie in der Masse konsumieren,

00:13:17: mit uns eben mehr oder weniger zwangsweise bei uns zu diesen Gefühlen

00:13:21: von Ohnmacht, Hilflosigkeit, Kontrollverlust führen.

00:13:24: Das kann dazu führen, dass wir depressive Phasen erleben.

00:13:27: Es kann zu tatsächlich klinischen Depressionen führen.

00:13:30: Es kann zu Appatit führen, also, dass wir gefühllos werden

00:13:33: als Schutzmechanismus, weil wir irgendwann sagen,

00:13:35: ich halte das alles gar nicht mehr aus.

00:13:37: Das ist für uns Einzelne schon ein schlimmer Zustand.

00:13:39: Wir sind ja soziale Menschen.

00:13:41: Wir möchten soziale Wesen.

00:13:43: Wir möchten ja mit anderen mitfühlen.

00:13:45: Das ist aber natürlich auch für unsere Demokratie absolut fatal,

00:13:48: wenn wir irgendwann aufhören, mit anderen Menschen mitzufühlen,

00:13:51: weil wir das natürlich brauchen,

00:13:53: dass wir uns ineinander reinversetzen können.

00:13:55: Und als ich das alles so gelesen habe, ist bei mir eigentlich die Überzeugung gewachsen,

00:13:58: dass das wirklich ein Thema, das ich persönlich für ganz, ganz wichtig halte

00:14:01: und wo ich glaube, dass wir für uns Einzelnen aber auch als Gesellschaft viel verändern können.

00:14:05: Ich habe dann angefangen, Workshops zu geben, Seminare zu geben,

00:14:08: letztendlich auch nicht mein Buch darüber zu schreiben

00:14:10: und habe mich so ein bisschen gefragt,

00:14:12: okay, diese Erfahrung, die ich jetzt selber gemacht habe,

00:14:14: beruflich und auch in meinem Privatleben,

00:14:16: wie kann ich die eigentlich auf eine prägnante Formel bringen?

00:14:18: Wie kann ich das schaffen, dass ich das auf den Punkt bringe,

00:14:21: so dass man schnell versteht, aha, darum geht es.

00:14:23: Diese Formel ist nicht sehr mathematisch.

00:14:26: Die geht es mit Zahlen ähnlich wie dir.

00:14:29: Die Formel heißt Scheiße plus X.

00:14:32: Und was meine ich jetzt damit?

00:14:34: Also die Scheiße ist glaube ich selbst erklärend,

00:14:36: das sind die Dinge, die wir im Leben um uns herum haben,

00:14:39: die uns überfordern, wo wir das Gefühl haben,

00:14:42: okay, es ist ja alles schön und gut,

00:14:44: aber jetzt ist wirklich so eine Situation, wo ich hilflos bin,

00:14:46: wo ich nichts mehr machen kann, wo ich dem komplett ausgesetzt bin.

00:14:49: Und genau, also das ist quasi der erste Teil der Formel.

00:14:53: Bei dem zweiten Teil, beim X, geht es im Prinzip um die Frage,

00:14:56: was können wir jetzt tun?

00:14:58: Das muss gar nicht unbedingt immer ich als Individuum sein,

00:15:00: das können auch andere sein, oder etwas abstrakter,

00:15:02: die Gesellschaft oder die Politik oder so.

00:15:04: Aber dass wir uns immer wieder die Frage stellen,

00:15:07: was kann man, obwohl ich das eigentlich in dem Samstag nicht so gern verwende,

00:15:10: weil das sehr abstrakt ist, aber was können Menschen dagegen tun?

00:15:14: Und das Wichtige bei diesem X ist,

00:15:16: dass das ein allererster Schritt nur sein muss.

00:15:18: Das muss nicht die Lösung sein.

00:15:20: Das kann wirklich ein winzig kleiner Schritt sein.

00:15:22: Wenn wir es schaffen, dass wir diesen ersten mini kleinen Schritt finden,

00:15:26: und wir müssen den nicht mal selber gehen,

00:15:28: es reicht uns, den wirklich vor Augen zu halten,

00:15:30: aha, das könnte ich oder eine andere Person jetzt tun,

00:15:33: um dieses Problem etwas zu verbessern,

00:15:36: oder vielleicht auch nur, um die Probleme etwas abzuschwächern,

00:15:39: die Lage etwas weniger schlimm zu machen,

00:15:41: dann führt es dazu, dass wir aus diesem Zustand der Ohnmacht herauskommen.

00:15:47: Und das ist wirklich eigentlich das Wichtige,

00:15:49: denn vor Krisen an sich müssen wir Menschen keine Angst haben.

00:15:52: Wir können mit Krisen umgehen.

00:15:54: Krisen hat es immer schon gegeben, seit es uns Menschen gibt,

00:15:56: und davor auch schon.

00:15:58: Wir haben gelernt, damit umzugehen.

00:16:00: Krisen sind oft die Momente, wo wir zusammenwachsen,

00:16:03: wo wir über uns hinauswachsen, wo wir solidarisch werden,

00:16:06: wo wir noch mal nach ganz anderen Wegen suchen, zusammenzuarbeiten.

00:16:09: Es gibt ja dieses Bild von Hops, der Mensch ist das Menschen Wolfis.

00:16:13: Also wenn es schlimm wird, fangen wir an uns gegenseitig zu fressen,

00:16:16: ist historisch absolut widerlegt inzwischen.

00:16:18: Also die alle, allermeisten Menschen halten zusammen, wenn es darauf ankommt.

00:16:22: Darauf können wir uns verlassen.

00:16:23: Wir können uns darauf verlassen, dass wir mit Krisen umgehen können.

00:16:26: Was die meisten von uns eben nicht so gut können,

00:16:29: da schließe ich mich auch gerne ein,

00:16:31: ist eben mit Ohnmacht und Kontrollverlust umzugehen.

00:16:34: Und deswegen ist dieses X so ein wirklicher Game-Changer eigentlich,

00:16:38: weil wir uns da immer wieder bewusst machen können,

00:16:40: ah, ich kann doch was tun, ich kann doch was tun.

00:16:42: Und das führt, wenn wir das immer wieder machen,

00:16:45: dann ist es eben ein ganz anderer Blick auf die Welt

00:16:47: und auch ein ganz anderen Umgang mit Problemen.

00:16:50: Ich würde jetzt mal aufführen an der Stelle für den Moment.

00:16:53: Genau.

00:16:54: Und wenn es Fragen dazu gibt oder Anbringungen oder so, sehr gerne.

00:16:57: Ronda, vielen Dank.

00:17:11: Ich frage erstmal vorab,

00:17:14: wie kommt das eigentlich, dass wir eigentlich so gerne in den schlechten Sachen baden?

00:17:20: Das ist ja irgendwie so ein Reflex in den Ärzte-Journalisten.

00:17:23: Ist es ja nicht umsonst, dass so viel schlecht ist,

00:17:25: auch gerne geschrieben wird, weil es sich besser verkauft.

00:17:27: Im Internet sieht man das im Moment, dass die Klickzahlen wirklich berechnet werden.

00:17:30: Da gibt es mittlerweile Headliner-Redaktionen,

00:17:32: die nur bewusst provokant schwierig schlecht formulieren,

00:17:37: damit die Klickzahl höher ist.

00:17:38: Warum funktionieren wir so?

00:17:40: Ja, ich will kurz noch von hinten quasi anfangen.

00:17:42: Also tatsächlich stimmt es, die schlechten Nachrichten funktionieren.

00:17:45: Langfristig wissen wir inzwischen aber auch, funktionieren sie eigentlich doch nicht,

00:17:48: weil eben viele Menschen aufhören, Nachrichten überhaupt zu konsumieren,

00:17:51: wenn sie so viel Negatives konsumieren.

00:17:53: Also es lohnt sich für Redaktionen durchaus auch andere Geschichten zu erzählen,

00:17:56: weil dann die Leute unter Umständen länger dranbleiben.

00:17:59: Kurzfristig kommt da das zu tragen, was ich jetzt mal unser Tiger-Gehirn nennen würde.

00:18:04: Und zwar ist es ja so, dass wir evolutionsbiologisch so veranlagt noch sind,

00:18:09: dass wir einfach negative Informationen viel, viel stärker wahrnehmen.

00:18:12: Also bildlich gesprochen können wir uns das so vorstellen,

00:18:15: alles negative nehmen wir wahr,

00:18:17: wie so große, blinkende, leuchtende Neonschriftlettern direkt vor uns.

00:18:22: Und eher ausgeglichene Informationen oder sogar positive Informationen

00:18:26: sind eher wie auf so einem ganz, ganz kleinen Zettel

00:18:28: und wir brauchen eine Lupe und müssen die festhalten,

00:18:30: damit wir die nicht direkt wieder vergessen.

00:18:32: Also wir merken uns negative Informationen besser,

00:18:35: wir halten die für relevanter, wir haben auch dieses Gefühl,

00:18:37: nee, das ist doch jetzt wichtig.

00:18:39: Das heißt, wir teilen das auch eher,

00:18:41: wir verknüpfen das besser mit schon bestehenden Wissen.

00:18:43: Und das alles kommt eben aus dieser Zeit,

00:18:45: als wir uns tatsächlich noch zum Beispiel gegen wilde Tiere verteidigen müssen.

00:18:49: Deswegen das Tiger-Gehirn oder so nenne ich das mal.

00:18:51: Und da wird das eigentlich schnell deutlich, finde ich.

00:18:54: Also wenn wir uns vorstellen, wir stehen auf einer Wiese,

00:18:56: links von uns sind sagen wir mal 1.000 Schafe

00:18:58: und rechts von uns ist ein Tiger,

00:19:00: dann würden glaube ich die meisten von uns ich auf jeden Fall nicht sagen,

00:19:03: naja, es ist ja nur ein Tiger und 1.000 Schafe.

00:19:06: Wir haben das nicht mehr, das heißt, wir haben nicht mehr,

00:19:08: das heißt wir haben die Schafe an, sondern wir würden den Tiger fokussieren

00:19:11: und wenn der die Pforte hebt, dann würden wir nicht sagen,

00:19:13: ach süß, der kratzt sich gleich, sondern wir würden uns halt in Sicherheit bringen.

00:19:16: Das heißt, diese Funktion von unserem Gehirn macht schon Sinn für solche Momente,

00:19:19: die früher aber viel, viel, viel häufiger natürlich waren,

00:19:21: als heute im Leben von den allermeisten Menschen,

00:19:24: die in Deutschland oder auch Mitteleuropa leben.

00:19:27: Das heißt, wir haben eigentlich ein Gehirn,

00:19:29: das nicht mehr, also die Grundfunktionsweise von unserem Gehirn

00:19:32: auf dieses Ding gezogen,

00:19:34: das ist eigentlich nicht mehr so hilfreich für unseren Alltag.

00:19:36: Die gute Nachricht ist, wir können das Stück für Stück entlernen,

00:19:39: also nicht komplett, aber wir können zumindest trainieren,

00:19:41: dass wir diese anderen Informationen auch wieder wahrnehmen,

00:19:45: aber unsere Grundeinstellung, also bis wir uns dieses alles bewusst machen,

00:19:48: ist eben erstmal zu sagen negativ, ach ja, das ist wichtig.

00:19:51: Das hört sich gut an, theoretisch,

00:19:57: und wie ist das in der Praxis, weil ich habe,

00:20:00: als ich dann ein Buch gelesen habe, habe ich dann immer überlegt,

00:20:02: das hört sich alles super an, und ich war also ganz besählt,

00:20:05: und dachte, ich habe mein Leben jetzt im Griff,

00:20:07: und dann kam meine Frau rein, und nein, nicht wegen meiner Frau,

00:20:12: sondern mit einem.

00:20:14: Das wäre ja jetzt zu billig, nein, nein,

00:20:16: und dann kam meine Frau rein und hatte irgendwie eine schlechte Nachricht,

00:20:19: und ich merkte nach dem Gespräch, wie gerne ich mich in das schlechte gelegt habe,

00:20:25: weil sie hat was erzählt und hatte sie über was aufgerichtet,

00:20:28: und dann habe ich das noch ein bisschen ergänzt,

00:20:30: und dann macht das ja richtig Bock, da so richtig reinzugehen,

00:20:33: und irgendwie fühlt man sich fast dabei wohl.

00:20:35: Also zurück, kann man das irgendwie trainieren?

00:20:37: Also ich merke, ich müsste es trainieren, also ich kann jetzt morgens aufstehen und sagen,

00:20:40: okay, heute bin ich auch mal positiv,

00:20:42: aber das funktioniert bei meiner Emotionalität nur bis zum nächsten Empörden empfinden.

00:20:50: Genau, bis zum Blick auf das Handy wahrscheinlich.

00:20:52: Ja, genau, genau, genau.

00:20:53: Genau, dann nimmst du noch mal mein Buch in die Hand,

00:20:55: da sind nämlich nach jedem Kapitel lauter Experimente,

00:20:57: wie man das trainieren kann,

00:20:58: weil tatsächlich, klar, man versteht das alles irgendwie schnell,

00:21:01: aber dann da in die Gewohnheit reinzukommen, ist natürlich eine komplett andere Geschichte.

00:21:04: Ich kann mal eine Sache sagen, die bestimmt auch den meisten von Ihnen schon mal irgendwo begegnet ist,

00:21:09: weil das heutzutage viel empfohlen wird, die funktioniert aber,

00:21:11: das ist wissenschaftlich erwiesen, und deswegen empfehle ich die so gerne.

00:21:14: Wenn Sie jeden Tag drei oder fünf Dinge aufschreiben,

00:21:17: sich vor Augen halten oder sonst wie, für die Sie dankbar sind, die schön sind,

00:21:21: klingt das erst mal nach, na ja, was soll das denn ändern?

00:21:23: Es ist aber wissenschaftlich erwiesen, das reicht tatsächlich schon,

00:21:27: um unserem Gehirn, also wir dürfen auch mehr machen,

00:21:30: aber das ist schon ein super erstes Training,

00:21:32: um unser Gehirn quasi darauf aufmerksam zu machen, oder ihm die Botschaft zu geben,

00:21:36: Vorsicht, diese Informationen sind für mich auch relevant.

00:21:39: Also wir trainieren unser Gehirn quasi zu sagen, übersehe die mal nicht.

00:21:43: Und wenn wir das machen, das merkt man auch wirklich ganz schnell,

00:21:45: also merken Sie nach drei, vier Wochen, da ist eine Veränderung spätestens,

00:21:48: dann sehen wir auf einmal einfach andere Dinge.

00:21:51: Wir nehmen wirklich andere Dinge wahr, weil unser Gehirn quasi versteht,

00:21:54: ah, okay, das ist für dich auch relevant, jetzt so bildlich gesprochen,

00:21:57: die Vorgänge sind etwas komplexer, aber damit wir uns das vorstellen können.

00:22:01: Also das ist ein ersten Tipp, den ich auf jeden Fall geben kann.

00:22:03: Und natürlich, deswegen ist diese Formel auch so plakativ, scheiße plus X,

00:22:09: die können wir natürlich auf alles anwenden, also sowohl beim Nachrichtenkonsum,

00:22:12: zu sagen, okay, Moment mal, wo ist hier eigentlich mein X,

00:22:15: als auch bei tatsächlichen Problemen, die wir haben,

00:22:18: ich mach das selber immer noch so, dass ich mir oft dann einfach Stift und Zettel

00:22:21: in die Hand nehme und sage, okay, das ist mein Problem,

00:22:23: jetzt such ich mal so lang nach einem möglichen X, bis irgendeins auftaucht,

00:22:27: wo ich sage, ah, das kann ich doch umsetzen.

00:22:29: Und dann hilft das einfach, dass wir schnell diesen Blick,

00:22:32: nicht um zu sagen, es ist nicht schlimm, also das ist mir auch ganz wichtig,

00:22:35: dass wir nicht Sachen schön reden oder sagen, ach, es ist doch nicht so schlimm

00:22:37: oder schaut, dem geht es noch schlechter oder so,

00:22:39: sondern das ist dann eher weniger hilfreich,

00:22:42: sondern um eben zu sagen, okay, das ist furchtbar schlimm

00:22:44: und gleichzeitig bin ich aber nicht, ich bin dem nicht komplett ausgesetzt,

00:22:48: ich kann irgendwie damit umgehen.

00:22:50: Hat da jemand mal Erfahrung gemacht?

00:22:52: Macht das jemand von Ihnen so, mal einfach sich mal nur schöne Sachen aufschreiben

00:22:56: und gucken, was er, da komm ich doch mal da vorne hin, frag ich mal.

00:22:59: Du siehst auch schon glückliche aus, also von der, erzähl mal, wie machst du das?

00:23:04: Also ich schreib die nicht auf, ich denk die für mich,

00:23:07: zum Beispiel habe ich den Arbeitsweg gehabt, immer über die Promenade

00:23:10: und da habe ich unheimlich oft morgens gedacht, mein Gott, habe ich's gut,

00:23:13: so ein Arbeitsweg und mit diesem Gefühl bin ich dann auch da angekommen.

00:23:17: Also ich kenne das, dass ich schon auch viel Schönes wahrnehme

00:23:21: und mit den Nachrichten mache ich es eher so, ich gucke wirklich weniger.

00:23:24: Okay, hat noch jemand so eine Erfahrung gemacht?

00:23:28: Macht das noch null? Das ist der ganz einfache Weg eigentlich, also es ist schon...

00:23:34: Absolut, es muss auch nicht aufschreiben sein, kann beim Zähne putzen sein

00:23:37: oder beim Duschen oder eben irgendeine Routine, wo man sagt,

00:23:40: Moment, jetzt atme ich mal durch und erinnere mich und gerade,

00:23:43: es hilft wirklich gerade an diesen Tagen, wo wir denken, so dankbar,

00:23:46: wofür soll ich denn heute dankbar sein, so, da gibt's nichts.

00:23:49: Gerade an diesen Tagen und wenn's dann wirklich so Sachen sind, wie mein Herz schlägt,

00:23:52: ich kann atmen, ich hab'n Dach über'm Kopf oder eben diese Dinge,

00:23:56: an die wir uns schnell gewöhnen, wo wir vielleicht nicht immer bewusst merken,

00:23:59: aber dafür kann ich eigentlich auch dankbar sein

00:24:01: und das alleine liegt dann wie so'n kleinen Schalter um mit der Zeit.

00:24:05: Okay, ich nehme ganz viel mit jetzt aus deinem kleinen Vortrag,

00:24:09: natürlich auch die Formel nicht nur Scheiße plus X,

00:24:13: sondern wer Haltern schafft, schafft auch Kabul.

00:24:17: Ja, okay, Ronja, danke dir.

00:24:21: Das war der Input von Ronja von Wurmsäibel.

00:24:27: Ihr Buch, wie wir die Welt sehen, ist 2022 im Kürselfahr-Lag erschienen.

00:24:32: Wie schaffen wir es als Pflegekinder, als Pflegeeltern,

00:24:36: genau dieses positive X zu sehen.

00:24:39: Darum ging es ein Anschluss in der Diskussionsrunde.

00:24:42: Mit dabei sind Pauline Koch und Julia Ackermann beide wuchsen in einer Pflegefamilie auf.

00:24:48: Dazu die Pflegemutter Iris Westermayer und die beiden Familienberater*innen

00:24:52: Katrin Schipp und Jens Kalpein.

00:24:55: Um möglichst viele Stimmen von jungen Menschen zu hören,

00:24:58: die in einer Pflegefamilie groß geworden sind,

00:25:00: haben wir im Vorfeld mehrere Interviews geführt,

00:25:03: die immer mal wieder in die Talkrunde eingebaut wurden.

00:25:07: Wir fangen mal bei euch hier vorne an.

00:25:10: Ihr seid als Doppel-Expertin eigentlich, heute hier, muss man sagen,

00:25:15: ihr seid ja nicht nur Kerlieberin,

00:25:17: sondern ihr seid eigentlich quasi schon in dem Beruf von Katrin und Jens gelandet.

00:25:21: Erzählt mal.

00:25:23: Ich arbeite als Erzieherin in einer ambulanten Erziehungshilfe,

00:25:27: in Raum Längericht tatsächlich, vom Jugendheim Tecklenburg.

00:25:31: Ich bin also als Familienhilfe tätig und habe so die Doppelrolle,

00:25:37: als Kerlieberin zu sein und den sozialen Beruf auch auszuführen.

00:25:44: Genau, bei mir ist das genauso.

00:25:46: Ich bin aber noch nicht fertig ausgebildet.

00:25:48: Ich bin gerade im sechsten Semester des Studiums der sozialen Arbeit,

00:25:51: also kurz vor Ende.

00:25:53: Und dann werde ich halt auch in den Beruf einsteigen

00:25:55: und habe dadurch auch dann die Doppelrolle.

00:25:58: Hat euch das geprägt, dass Pflegekinder sein,

00:26:04: dass ihr sehr viele Sozialarbeiter erlebt habt, Pädagogen erlebt habt?

00:26:09: Hat das geprägt, so eine Berufswahl zu treffen?

00:26:12: Bei mir definitiv.

00:26:14: Also meine Pflegemutter macht Erziehungsbeistandschaft

00:26:18: und ist Sozialpädagogische Familienhilfe.

00:26:21: Auch meine Pflegeschwester ist auch im sozialen Bereich.

00:26:24: Das heißt, da habe ich es mitbekommen.

00:26:26: Und zwar auch von meiner Biografie.

00:26:28: Hier wollte ich tatsächlich was zurückgeben.

00:26:30: Also, weil ich jetzt Spreuler mal,

00:26:32: aber bei mir ist es schon ganz gut gelaufen in der Pflegefamilie.

00:26:36: (Lachen)

00:26:44: Das ist gar nicht schlimm.

00:26:46: (Lachen)

00:26:50: Nee, genau.

00:26:51: Und deswegen hatte ich auch so die Motivation,

00:26:53: Ja, mein ...

00:26:54: Kleinten, was zurückzugeben.

00:26:57: Vielleicht, wenn du da schon gespoillert hast, erzählst du nochmal ganz kitziert kurz deine

00:27:03: Wieter.

00:27:04: Also ich bin bei meiner leiblichen Mutter aufgewachsen, sie war alleine ziehend und aufgrund

00:27:10: von einer körperlichen Krankheit, die eben auch nicht heilbar ist, ging es dann darum,

00:27:15: was passiert mit mir und weil ich auch gerade schon gesagt habe, dass meine Pflegemutter

00:27:20: bei uns damals gearbeitet hat, hat sie sich gedacht, ja warum nicht Pauline bei uns aufnehmen.

00:27:27: Letztendlich wurde das dann vom Jugendamt und von allen Beteiligten eben mitgefahren

00:27:32: und dann bin ich 2009 in die Pflegefamilie gezogen, wo ich dann auch bis zum 21.

00:27:37: Lebensjahr, also offiziell lebt habe, weiter darüber hinaus, aber dann endet ja die Hilfe,

00:27:43: also mit dann spätestens 21.

00:27:45: Wie war es bei dir, Julia?

00:27:48: Ja, wo fange ich an?

00:27:52: Also ja, tatsächlich sind mein jungerer Bruder und ich gemeinsam aus der Familie genommen

00:27:59: worden damals, aus unserer Herkunftsfamilie.

00:28:02: Genau, wir lebten dann erstmal für zwei Jahre in einer Wohngruppe und in diesen zwei Jahren

00:28:08: haben mein Bruder und ich uns schon immer gewünscht, eine Familie zu haben, sodass

00:28:14: dann sich auf den Weg gemacht worden ist und eine Pflegefamilie gesucht worden ist, sodass

00:28:19: ich dann mit elf Jahren und mein Bruder war fünf, genau, sind wir gemeinsam in eine Familie

00:28:25: ja vermittelt worden.

00:28:26: Genau, und da habe ich bis zu meinem knapp 18.

00:28:30: Lebensjahr auch gelebt, also knapp sieben Jahre, genau und bin dann halt noch vor meinen Abiturprüfungen

00:28:36: tatsächlich ausgezogen.

00:28:38: Ja, und mein jungerer Bruder wohnt noch dort, zieht aber perspektivisch auch beide aus.

00:28:45: Okay, danke euch für den kleinen Überblick und wir gehen mal in diese erste Audio rein,

00:28:52: das sind genau Ausschnitte, die sich mit dem Aufwachsen in der Pflegefamilie beschäftigen.

00:28:58: Ich habe gemerkt früher, wenn ich in den Leuten das erzählt habe, wie ich aufgewachsen bin,

00:29:08: was damals passiert ist und, und, und, die haben mich anders behandelt und das wollte

00:29:13: ich eben nicht.

00:29:14: Dann kommen diese Fragen und dann sage ich das, ja, ich bin seitdem ich vier Monate alt

00:29:19: bin in einer Pflegefamilie, Aussagen wie "Oh, das tut mir leid, das ist glaube ich auf Platz

00:29:24: 1 meiner Reaktion", dass sie mich dann irgendwie auch ein bisschen ja doch auch anders wahrnehmen

00:29:32: und das möchte ich halt nicht.

00:29:34: Damals habe ich das versucht zu verdrängen, weil mich das so sauer auch gemacht hat.

00:29:39: Das war dann diese Phase von "Okay, ich bin sauer, ich bin sauer auf meine leiblichen Eltern,

00:29:45: warum kann das nicht einfach jeder akzeptieren, dass es für mich meine Familie ist, auch biologisch

00:29:52: habe ich dann so versucht das zu verdrängen.

00:29:54: Genau, das war ein ganz langer Prozess auf jeden Fall.

00:29:59: Man hat halt, wenn man Pflegekind ist, einfach viele Themen, die parallel mitlaufen im Vergleich

00:30:03: zu Kindern, die kein Pflegekind sind und dass ich mich da irgendwie immer extrem angestrengt

00:30:10: habe, ich wollte gute Noten haben, ich wollte halt einfach so sein wie andere Kinder und

00:30:15: dass halt das natürlich schon auch so ein bisschen auf die Psyche geht, sage ich jetzt

00:30:19: mal und ich das früher nicht wahrgenommen habe, aber auch so bei Übergängen sage ich

00:30:27: jetzt mal so, ich habe das erlebt, ich habe 2020 mein Abitur gemacht, das habe ich auch

00:30:30: alles erst mal gut hinbekommen und dann habe ich einen Buf, die angefangen und da ist es

00:30:35: halt psychisch bei mir richtig eingebrochen, also so habe ich mich auch noch nicht erlebt

00:30:40: und dass ich da halt einfach irgendwie gemerkt habe, oh, das ist schon eine Herausforderung,

00:30:46: da kommen viele Themen, die ich vielleicht auch ein bisschen verdrängt habe, wieder

00:30:50: mit hoch, also dass ich da das halt irgendwie einfach gemerkt habe, dass vielleicht Pflegekind

00:30:55: sein sich auch noch mal ein bisschen eben abhebt.

00:30:58: Ja, da hat man jetzt ganz viel gehört, dass man als Pflegekind sich schnell in so einer

00:31:08: Position befindet oder fühlt, irgendwie ein bisschen Outstanding zu sein.

00:31:16: Könnt ihr so diese Erfahrung teilen?

00:31:19: Auf jeden Fall, also vor allem auch wenn man es anderen mitteilt, so sieht es ja erst

00:31:27: mal niemand.

00:31:28: Also wenn man in einer Klasse ist, zur Schule geht, dann sehen wir ja erst mal nicht irgendwie

00:31:35: anders aus, aber wenn man natürlich fragt, warum hast du einen anderen Namen als eine

00:31:39: Eltern, also fangen Mitschüler schon an, auch Fragen zu stellen, wenn man dann sagt, ja,

00:31:45: ich wohne in einer Pflegefamilie, dann kommt schon auf so Direktion, oh, okay, ich glaube,

00:31:50: es ist viel Unwissen, es ist auch einfach eine andere Lebensrealität als Kinder, die

00:31:56: in ihrer Herkunftsfamilie aufwachsen.

00:31:58: Aber ich habe tatsächlich in dem Sinne, dass so erlebt, man ist halt irgendwie anders.

00:32:06: Also man wohnt schon in der Schulzeit eher ausgegrenzt so, man ist nicht wie die anderen

00:32:11: Kinder, man wächst nicht auf wie die anderen Kinder, man hat halt auch andere Themen als

00:32:15: andere Kinder.

00:32:16: Das war schon immer auch schwierig und auch eine Herausforderung, da irgendwie auch in

00:32:22: der Schulzeit, würde ich sagen, auch so Freundschaften zu finden, die auch halten und wo man auch

00:32:26: verstanden wird und auch akzeptiert wird.

00:32:28: Da ist natürlich das Kind und Jugendsein auch so ein bisschen ein schwieriges Alter, was

00:32:34: das irgendwie angeht.

00:32:35: Genau, aber das wurde dann so, je älter man wurde, auch besser und gefestigter man auch

00:32:41: Freundschaften hatte, tatsächlich.

00:32:43: Also die haben sehr stark geholfen, um da so ein bisschen rauszukommen aus diesem "Ich

00:32:47: bin ja vielleicht anders".

00:32:48: Gut, wo man nicht rechtfertigen muss oder wie sowas.

00:32:52: Weil mir war es tatsächlich so, dass ich jetzt nicht irgendwie stigmatisiert wurde,

00:32:56: "Ah, du bist ein Pflegekind, ich bin da mit meiner Geschichte sehr, sehr offen von Anfang

00:33:00: an umgegangen, um vielleicht auch so ein bisschen zu vermeiden, dass andere hinter meinem Rücken

00:33:05: reden, deswegen habe ich wirklich sehr, sehr gute Erfahrungen damit gemacht.

00:33:09: Bei mir war das eben eher so ein innerer Konflikt, dass ich so dachte, ich möchte normal sein

00:33:13: und kein Pflegekind, aber nicht von außen, dass andere Menschen mir das irgendwie zugetragen

00:33:18: haben.

00:33:19: Gibt es da Wege, das abzulegen?

00:33:21: Hast du da irgendwie eine Strategie gefunden oder ist man da so ein Leben lang mit dran?

00:33:27: Ja, also ich würde sagen, ich habe da immer noch irgendwie ein bisschen mit zu tun, weil

00:33:32: da einfach so Fragen mit einhergehen, Zugehörigkeit, also dass es halt nicht sozusagen dieses Urfahrt

00:33:39: trauen gibt.

00:33:40: Also ich bin mit neun Jahren in die Pflegefamilie gekommen, also recht alt.

00:33:43: Und dass solche Dinge irgendwie dann bei mir innerlich mit ablaufen, ich glaube der beste

00:33:50: Weg ist einfach zu akzeptieren.

00:33:52: Ich bin ein Pflegekind und dass das ja auch total in Ordnung und normal ist.

00:33:57: Okay.

00:33:58: Gibt es eigentlich Möglichkeiten jetzt schon?

00:34:01: Ja, es gibt eine Frage.

00:34:02: Auf jeden Fall.

00:34:03: Ich habe keine Frage, sondern möchte gerne ein Erlebensschildern, was unsere Pflegetochter

00:34:11: Lisa, die jetzt 20 ist, in der Grundschule erlebt hat.

00:34:15: Wir haben das große Glück, dass Lisa in einer Grundschule war, die nur vierzügig war.

00:34:19: Also Nels, einzügig war mit einer vier Klassen und der Nachteil, dass sie auf dem Dorf liegt.

00:34:27: Ein Dorf wird sofort wahrgenommen, wer nicht schon da beheimatet wurde, war.

00:34:35: Und Lisa dann die Situation miterlebt hat, wenn Kinder sich verabredet haben, dass ein

00:34:43: Kind zu ihr gesagt hat, ich darf nicht mit dir spielen, du hast ja keine richtigen Eltern.

00:34:48: Und Lisa kam dann nach Hause, war total aufgewühlt und hat gesagt, das stimmt doch nicht, ich

00:34:55: habe doch richtige Eltern.

00:34:56: Und haben wir gesagt, Lisa, wenn dieses Kind das nächste Mal zu dir sagt, sie darf nicht

00:35:02: mit dir spielen, dann musst du sagen, ja, du Arme, du kannst auch nicht, du hast nur

00:35:06: ein paar Eltern, ich habe zwei paar Eltern.

00:35:09: Und diese Art von Humor oder Lockerheit damit umzugehen, hat Lisa sehr stark geholfen,

00:35:15: weil sie gefühlt hat.

00:35:16: Auf der einen Seite habe ich ihren Kummer wahrgenommen, aber auf der anderen Seite ihr

00:35:19: deutlich gemacht habe, dass es Menschen gibt, die so was überhaupt nicht verstehen können

00:35:25: und die muss man einfach entweder mitnehmen oder ich sage das mal ganz krass, dumm sterben

00:35:30: lassen.

00:35:31: Ich gebe das mal direkt weiter an Iris, Westermaier und wir haben im Vorgespräch, es könnte

00:35:41: quasi gleich bei ihnen abgelaufen sein.

00:35:45: Ja, also der offensieve Umgang.

00:35:47: Ja, da ich ja selber als Pflegekind quasi ins Leben gestartet bin, mit knapp sechs Jahren,

00:35:57: haben meine damaligen Pflegeeltern, jetzt Adoptiveltern mir immer auf dem Weg mitgegeben,

00:36:06: du hast das Glück gehabt, du durftest dir die Familie aussuchen, die anderen sind da reingewornt

00:36:13: und die müssen da bleiben.

00:36:14: Und das ist der Tenor gewesen, mit dem ich auch unsere Kinder aufgezogen habe und jetzt

00:36:25: wieder einen aufziehe, dass ich einfach sage, du bist besonders, weil du hast ein Mitspracherecht

00:36:33: in diesem Leben gehabt und das war für uns Normalität und ich glaube diese Normalität

00:36:40: hat vor allen Dingen unser Dominik ausgestrahlt in der Schule, weil Schwierigkeiten mit Freunden

00:36:47: oder so hatte der nie.

00:36:49: Im Gegenteil, also unser Haus lief immer über mit Kindern, die halt mit unseren Kindern

00:36:56: spielen wollten.

00:36:57: Okay, also der offensive, wer hat mal fest, dass eigentlich der offensive Umgang das Beste

00:37:05: ist, wie ist das, wenn man jetzt eine solche Familie betreut und man merkt, das Stock da,

00:37:11: das bleibt irgendwie in diese Stigmatisierung und die steht irgendwie im Wege.

00:37:16: Welche Möglichkeiten gibt es da zu helfen?

00:37:20: Ja, ich habe gerade nochmal, als Sie das sagten, irgendwie Ihre Mutter hat damals gesagt,

00:37:26: du hattest das Glück, du konntest dir das aussuchen.

00:37:29: Spannend fand ich an der Reaktion von Ihnen, dass ja eigentlich im Regelfall anders ist,

00:37:34: nämlich dass Jugendämter vormünder Entscheidungen treffen, wohin das Kind entgeht.

00:37:38: Aber trotzdem hat er was stattgefunden, dass es im Erleben so was geworden ist, wie es

00:37:43: ist meine Entscheidung.

00:37:44: Und ich glaube, das ist was ganz Wichtiges in unserer Begleitung, dass wir sozusagen dafür

00:37:50: Sorgen im Alltag, dass es so was wie Selbstwirksamkeit gibt und am Ende immer auch sich in einem

00:37:55: Prozess entwickelt, dass man sich für diese Pflegeeltern entscheidet.

00:37:59: Auch diese, wir haben ja immer eine lange Anwarnung und die Zuordnung, das ist ja mal

00:38:03: erstmal könnte man sagen, was fremdbestimmt ist.

00:38:06: Aber damit es gelingt, muss es irgendwie eine Form von Selbstwirksamkeit geben.

00:38:10: Und wenn es dann stockt, dann sind wir dabei und wir reden und wir sprechen und halten

00:38:16: Kontakt mit allen, die im System beteiligt sind.

00:38:19: Und entweder gibt es so, wie das in dem Beispiel Fuhinwaar gibt es eine Lösung zwischen den

00:38:24: Pflegeeltern und den Pflegekind selber, aber manchmal ist es auch verherrterter und schwieriger

00:38:28: und dann steigen wir ein und sprechen mit Schulen oder auch vielleicht mit anderen Familien.

00:38:33: Also kurz dazwischen, so zu meinem Beispiel war dann halt so, dass ich zu Beginn in der

00:38:39: 5., 6., 7. Klasse auf der Realschule gewesen bin und da war es wirklich sehr schwierig.

00:38:44: Und ich hatte dann das Glück, also auch so ein bisschen zu dem Thema Scheiße plus X,

00:38:50: so dass X war einfach in dem Sinne mein großes Glück, dass ich Französisch hatte als Zweitsprache

00:38:55: und dann tatsächlich so gute Notnate, dass ich aufs Gymnasium wechseln konnte.

00:39:00: Und das war tatsächlich auch das Heißame, weil ich da bessere Freundschaften geknüpft

00:39:06: habe, besser integriert worden bin und da war Thema Ausgrenzung auch gar nicht mehr vorhanden.

00:39:11: Also das war so das Gute.

00:39:13: Es gibt eine Frage, nehmen wir mal da Tisch noch.

00:39:17: Frage nicht direkt, aber irgendwo sucht man sich ja durch den Prozess, den man vorher erlebt,

00:39:23: dass die Pflegeeltern oder die zukünftigen Pflegeeltern mit, ich sage mal, je nachdem,

00:39:29: wo man gerade ist, zum Beispiel bei mir war es heim, mit da sind und man irgendwo ja auch guckt,

00:39:37: mag man sie, mag man sie nicht, man lernt sie ja lange Zeit vorher wirklich ausführlich kennen,

00:39:43: so dass man wirklich tatsächlich das erlebt, dass man sich die Eltern aussucht.

00:39:48: Was in manchen Fällen vielleicht auch sehr schön sein mag, aber dadurch hast du in der Schule

00:39:57: dieses, wenn ein Kind ankommt, ich hasse meine Eltern, weil ich dann diejenige, die gesagt habe,

00:40:02: tja, ich durfte mir meine aussuchen.

00:40:07: Damit war dann dieses Mobbing oder dieses Ausschließen dann wieder, oh nein, die ist ja doch was Besonderes so.

00:40:13: Ja, also der offensive Umgang ist glaube ich das, was wir festhalten können, was das Beste ist.

00:40:20: Wir hatten in Vorgesprächen auch Fälle als Beispiel, die in Arbeitssituationen,

00:40:27: zum Beispiel in Vorstellungsgesprächen, das immer auch mal verschwiegen haben vor lauter Angst

00:40:35: und Stigma, so dass man denkt, oh, das könnte jetzt verkehrt ankommen.

00:40:39: Das ist also der falsche Weg, wir halten das einfach mal als das Offensive einfach mal fest

00:40:45: und gehen mal zu dem nächsten Audio, und zwar wollen wir uns jetzt mit dem Beispiel beschäftigen,

00:40:51: wo man quasi all das, was wir gerade schon gesagt haben, einfach den sicheren Halt

00:40:58: und die Gewissheit, dass man nichts so Besonderes ist, sondern einfach genau so ein toller Mensch ist,

00:41:05: wie jeder andere auch.

00:41:07: Das hast du mal an, das Leben in der Pflege.

00:41:10: Ich finde, meine Pflegeeltern haben mir direkt vom ersten Tag an eins zu Hause gegeben

00:41:16: und das hat man auch direkt gemerkt, finde ich, weil wir hatten ja, also mein Pflegebruder war ja auch schon da

00:41:22: und ich bin dann quasi einfach dazugekommen und es war halt schon so eine Familie

00:41:26: und man kam da einfach gut rein, finde ich.

00:41:29: Und es war halt auch diese bedingungslose Liebe, die direkt da war.

00:41:33: Alles, was ich in den 19 Jahren bekommen habe, versuche ich jetzt im Laufe der nächsten Jahre zurückzugeben.

00:41:38: Also ich würde gesagt alles dafür geben, dass meine Eltern glücklich sind.

00:41:43: Ich glaube, seitdem ich nicht mehr zu Hause wohne, haben wir einfach uns weiterentwickelt

00:41:47: und auch auf vielen Sachen aufbauen können, die nicht mehr vom Alltag her bestimmt sind.

00:41:53: Also diese ganzen Alltagssituationen, wo man dann grundsätzlich immer voneinander genervt ist,

00:41:57: die waren dann nicht mehr da und da fing das an, also wir waren immer sehr dicke,

00:42:01: aber da hat sich das wirklich nochmal viel, viel weiterentwickelt.

00:42:04: Man fragt sich vielleicht in seinem Leben häufig, warum ist das alles so gelaufen

00:42:09: und wieso wurden mir so viele Steine in den Weg gelegt, im Gegensatz halt vielleicht zu anderen, die immer alles hatten,

00:42:17: aber am Ende hat es mich stärker gemacht.

00:42:20: Und ich habe halt ganz andere Wahrnehmungen und vielleicht auch ein bisschen mehr Ehrgeiz,

00:42:27: als vielleicht jemand, der es immer leichter hatte.

00:42:29: Und für mich ist meine Geschichte, ich habe da nie ein Geheimnis draus gemacht.

00:42:34: Meine Pflegeeltern, die haben mir sehr viel halt gegeben und die haben mir auch gesagt, das ist nichts Falsches.

00:42:42: Wenn ich jetzt nie eine Pflegefamilie gefunden und wäre immer in der Familie geblieben,

00:42:47: wüsste ich nicht, was ich beruflich, schulisch bis jetzt geschafft hätte.

00:42:52: Das habe ich in der Pflegefamilie auf jeden Fall gelernt, dass man auch an sich glauben sollte.

00:42:58: Und ich habe immer mich geglaubt, das schaffe ich, schaffe ich, schaffe ich.

00:43:01: Und bis heute habe ich alles geschafft, was ich wollte.

00:43:05: Ja, das sind so tolle, vielleicht klatschen wir da einmal.

00:43:11: Ich finde das ganz toll, auch wenn da gar nicht alle da sind.

00:43:13: [Applaus]

00:43:17: Wir fahren mal irgendwie ganz vorne an.

00:43:19: Ich bin ja Laie, ich bin ja heute wirklich um auch ein Stück weit zu lernen.

00:43:24: Und die Frau T. Jensma, es ist ja in sich ein unglaublich schwieriger Prozess,

00:43:30: das man gerade ja auch schon mehrfach gehört, diese Frage hinzukriegen zwischen diesen einzelnen Parteien,

00:43:36: in diesem komplizierten System.

00:43:38: Vielleicht kannst du mal so diesen Prozess ein bisschen beschreiben, wie man also vorgeht.

00:43:42: Ich weiß nicht, ob es so eine Zauberformel gibt, wie man vorgeht.

00:43:46: Wir haben ja jetzt gerade gehört, dass es Beispiele waren, wo die jungen Menschen erklären,

00:43:54: dass die sich selbst wirksam fühlen, dass die sich in der Familie aufgehoben fühlen,

00:43:59: dass es auch Krisen gegeben hat, an denen die wachsen.

00:44:03: Und ich finde, wenn ich so auf unsere Arbeit schaue, dann ist es ziemlich wichtig,

00:44:07: im Kontakt mit den Pflegeeltern noch immer wieder dahin zu gucken, an welchen Stellen erzieht man nicht so schnell,

00:44:15: sondern begleitet man vielleicht auch erstmal, um den Blick darauf zu richten,

00:44:21: und das hat vielen mit Beteiligung zu tun, finde ich, den Blick darauf zu richten,

00:44:26: wo stehen die denn gerade, die jungen Menschen?

00:44:29: Was brauchen die jetzt und wo können wir die auch abholen?

00:44:32: Also es ist immer irgendwie auch so eine Idee, davon zu kriegen,

00:44:36: mit Pflegeeltern und Pflegekindern darüber zu sprechen,

00:44:39: welchen Impuls haben wir jetzt gerade an Erziehung und ist der vielleicht jetzt gerade gut

00:44:43: oder sollte der vielleicht mal besser hinten anstellen?

00:44:46: Und das Thema haben wir natürlich auch in der Zusammenarbeit mit den Eltern,

00:44:50: also gemeint sind jetzt an dieser Stelle die leiblichen Eltern,

00:44:53: die absolut berechtigt in den meisten Fällen, würde ich immer sagen, auch Interessen haben

00:45:01: und Wünsche, also es ist ja nicht so, dass die ihre Kinder nicht lieb haben,

00:45:05: sondern sie haben nicht die Fähigkeiten, in aller Regel ist das so,

00:45:09: sondern sie haben nicht die Fähigkeiten, das entsprechend umzusetzen.

00:45:12: Und dann sind wir oft ein Übersetzer auch in den vielen Parteien gegenüber Jugendamtformen,

00:45:19: Pflegeeltern, Pflegekindern, um zu gucken, was ist denn im besten Sinne möglich?

00:45:24: Der ganze Prozess hat ja dann so seine eigene Dynamik,

00:45:26: weil es gibt keine Folie, sondern das ist jedes Mal ein ganz neuer und ganz eigener Prozess.

00:45:32: Für mich, ich bin selbst Familienvater von drei Kindern

00:45:35: und ich habe in der Vorbereitung mir vorgestellt, oder zurückgerufen,

00:45:40: wenn ich mal lauter werde oder wenn ich mal so durchgreifen muss in der Familie,

00:45:44: wie man das dann so mal sagt, dann sage ich manchmal, mach mal kurz die Fenster zu.

00:45:49: Und dann habe ich mir jetzt das überlegt, man ist ja eine öffentliche Familie,

00:45:59: wie ihr das nennt, weil ja die ganze Zeit Leute bei euch durch die Fenster reingucken, eigentlich.

00:46:04: Also wenn du deine Kinder ziehst, dann hast ja immer auch im Hinterkopf,

00:46:09: ja was könnt ihr jetzt als Jugendamt dazu sagen und du musst ja,

00:46:13: schau mal so, oder wie ist das für dich?

00:46:15: Nö, hab ich gar nicht.

00:46:17: Also wer ein Problem damit hat, wie ich meine Kinder erziehe,

00:46:23: der soll erstmal bei uns einziehen und eine Woche lang mit gerade jetzt

00:46:27: unserem kleinen 12 fast 12-jährigen Leben, dann reden wir uns wieder.

00:46:33: Ja, Katrin, was war der letzten Besprechung dabei?

00:46:43: Sie kennen Melit, du kennst mich schon zu lange.

00:46:47: Ich kenne sie schon zu gut und kann natürlich mir sofort vorstellen, was du da meinst.

00:46:51: Und ich glaube, das ist dieses, und das hat uns ja auch immer in der Zusammenarbeit

00:46:55: mit allen Höhen und Tiefen, die es gegeben hat, aber war ja immer ganz viel selbstbewusstsein

00:47:00: und ich glaube, dass es auch bei dir mit dabei ist.

00:47:02: Und ich glaube, diese Fähigkeit, sich selber zu kennen, früh zu sagen,

00:47:05: wann es zu viel wird, wo es schwierig wird und ich glaube auch für uns

00:47:09: an der Stelle immer total hilfreich, wenn wir merken, es ist leicht,

00:47:12: im Kontakt zu kommen und wenn wir merken, unseren Pflegereltern fällt es leicht zu sagen,

00:47:16: was schwierig ist, dann ist es für uns auch am Ende total leicht.

00:47:20: Weil das finden wir normal, da können wir gut mit umgehen.

00:47:22: Da sprechen wir in der kollegialen Beratung und gucken nochmal,

00:47:25: ob wir neue Ideen kriegen.

00:47:27: Und das ist das, was unsicher ist, wenn Menschen sozusagen verunsichert sind

00:47:31: und genau dieses Gefühl, was du gerade benannt hast,

00:47:34: wenn das irgendwie immer so das erste Gefühl ist,

00:47:37: vielleicht in der eigenen Biografie schon oft sehr unsicher gewesen zu sein

00:47:40: und dann das Gefühl zu sagen, die gucken jetzt so kritisch, die verstehen mich nicht richtig

00:47:44: und diese Art von Beziehung dann erstmal zu entwickeln,

00:47:47: dass es einen Vertrauensverhältnis gibt und wir offen miteinander sprechen können.

00:47:52: Genau, weil es ist ja, ja Dominik.

00:47:55: Das ist tatsächlich das eines dieser Schlüsselwörter, egal, wie rum man es dreht und wendet ist.

00:47:59: Hilfe suchen, Hilfe geben, vielleicht auch zwei.

00:48:03: Grundsätzlich, einfach vor dem Hintergrund, jede dieser Stationen braucht Hilfe.

00:48:08: Dass Jugendamt braucht die Hilfe, weil es im Grunde genommen die Erfahrungen nicht live miterlebt.

00:48:15: Die VSE braucht die Hilfe, weil es Input geben muss,

00:48:19: sowohl vom Kind als auch von den Pflegeeltern

00:48:21: und gegebenenfalls die finanzielle Unterstützung durch das Jugendamt.

00:48:24: Die Eltern brauchen die Unterstützung, um eine gute Bindung zu den Pflegeeltern

00:48:29: und dem Kind erhalten zu können, wenn gewünscht.

00:48:32: Die Pflegeeltern brauchen Hilfe und müssen diese auch gelten machen.

00:48:35: Wenn es darum geht, die Kinder sind mal schwieriger

00:48:37: und die Kinder brauchen die Hilfe und Rückhalt von allen Parteien, die drum herum liegen.

00:48:41: Einfach mit den einlebt man, die anderen finanzieren es

00:48:45: und die dritten Versuchung ist sinnvoll zu steuern.

00:48:47: Und ich finde, darauf müssen wir auch wieder ganz viel Wert legen.

00:48:50: Hilfe suchen.

00:48:52: Das schlüsselt Ihnen.

00:48:54: Ich fraue mal Pauline, du hast gerade eben gesagt, das Urvertrauen verloren.

00:49:03: Da ist ja die Familie dann wirklich so der Pool, in dem man so einsteigen kann.

00:49:09: Wenn du so sagen würdest, so zwei, drei Dinge nennen würdest an Werten,

00:49:13: die so eine intakte Familie einem schenken,

00:49:16: wo man das ein ganzes Leben lang von profitieren kann.

00:49:19: Welche würdest du sagen?

00:49:21: Auf jeden Fall die bedingungslose Liebe

00:49:24: und Akzeptanz der eigenen Person, das würde ich sagen.

00:49:29: Okay. Julia?

00:49:33: Also mit Bedingungslose Liebe und Akzeptanz gehe ich auf jeden Fall mit.

00:49:38: Ich glaube, eine gewisse Offenheit

00:49:41: und im Austausch bleiben.

00:49:45: Also ehrlich sein, so Kommunikation.

00:49:48: Ich glaube, das ist auch ganz, ganz wichtig.

00:49:51: Wie erlebt ihr das in der Betreuung?

00:49:54: Das ist ja manchmal so ein bisschen ein Konkurrenz wahrscheinlich.

00:49:57: Es gibt ja nur auch Konstellationen, wo man die leiblichen Eltern

00:50:01: trotzdem noch liebende Beziehungen dazu hat.

00:50:04: Und jetzt sind die Kinder in der Pflegefamilie

00:50:07: das zwischenzeitlich in bestimmten Erziehungssituationen

00:50:11: so was wie eine Konkurrenz aufkommt.

00:50:13: Also wenn einem die Pflegemutter mal richtig auf den Keks geht,

00:50:16: dass man sagt, dass sie gleich da bleiben können

00:50:18: bei meiner leiblichen Familie.

00:50:20: Sagt das jetzt mal so ganz einfach gesprochen?

00:50:22: Ja, das könnte man so denken.

00:50:24: Da gucke ich ein bisschen so in die Geschichte.

00:50:26: Und wenn ich so vor 10, 15 Jahren würde ich sagen,

00:50:29: war das viel mehr ein Thema.

00:50:31: Ich finde Pflegeeltern jetzt, dass sie sehr viel auch gucken.

00:50:34: Wir hatten eine Fachveranstaltung im Februar hier,

00:50:37: da ging es um Kinderrechte.

00:50:39: Und haben Pflegeeltern gesagt,

00:50:41: das Kind hat ein Recht auf seine Eltern

00:50:43: und das Schlimmste ist eigentlich,

00:50:45: wenn die leiblichen Eltern nicht greifbar sind.

00:50:47: Also ich erlebe, ich sage mal da auch eine deutliche

00:50:50: Wahrnehmung von den Pflegeeltern,

00:50:53: dass das irgendwie sehr spürbar und klar ist,

00:50:56: dass die leiblichen Eltern für die Pflegekinder

00:50:59: eine unglaubliche Bedeutung haben.

00:51:01: Wenn das mal so ist,

00:51:03: dann versuchen wir das natürlich sozusagen zu regulieren

00:51:06: und versuchen mit den Eltern in Kontakt zu gehen

00:51:08: und zu gucken irgendwie so ein bisschen auch mit dem,

00:51:11: was Ronja gesagt hat, das wieder in den Blick zu nehmen,

00:51:14: was das X ist bei den Eltern.

00:51:16: Also wieder Wege zu öffnen, zu gucken,

00:51:18: was sind die Ressourcen, was sind die Fähigkeiten

00:51:20: von diesen Eltern, wenn die so manchmal

00:51:22: als kleine Monster und schwierig erlebt werden.

00:51:26: Und dann ist das unsere Aufgabe,

00:51:28: ich sage mal diese Ballons auch wieder herzustellen.

00:51:32: Das ist eine Frage.

00:51:39: Ja, ich habe gedacht vor dem Lieben habe ich den Eindruck,

00:51:43: dass es noch was braucht,

00:51:45: nämlich dieses Thema zu verstehen,

00:51:48: also miteinander zu verstehen,

00:51:50: warum verhält sich eigentlich wer wie anders.

00:51:53: Und dass das eine wichtige Grundlage ist

00:51:55: und auch so der Satz, was ist das Richtige

00:51:57: an dem, was das Kind gerade tut.

00:51:59: Ich kann es irgendwie noch nicht verstehen,

00:52:01: aber irgendwie wird es ein Grund haben.

00:52:03: Und das glaube ich ist für alle Beteiligten

00:52:05: oft eine ganz große Herausforderung,

00:52:07: weil das Kind ist leider,

00:52:09: ich meine, wenn es mir gerade schlecht geht

00:52:11: und mich jemand fragt, wieso, weshalb, warum,

00:52:13: dann weiß ich es ja manchmal gerade auch selber nicht,

00:52:16: wieso es ist.

00:52:17: Und ich finde, da sind Pflegeeltern

00:52:20: oft so eine gute Möglichkeit,

00:52:22: gute Gefühle zu geben, zu spiegeln,

00:52:24: zu forschen, sich zu interessieren.

00:52:26: Ich finde, das ist das,

00:52:28: das eine Beziehung gelingen kann,

00:52:30: auch was ganz Wichtiges.

00:52:31: Und da glaube ich,

00:52:33: es sind Beraterinnen und Berater auch wichtig,

00:52:36: um sich nochmal so zu sortieren.

00:52:38: Und auf der anderen Seite

00:52:40: finde ich, ist das für alle Beziehungen immer wichtig,

00:52:43: sich gegenseitig zu verstehen und dann dran zu bleiben.

00:52:46: Und da finde ich, sind Pflegeeltern oft großartig,

00:52:49: in dem, wie sie versuchen,

00:52:51: dieses unmögliche Verhalten

00:52:53: oder so irgendwie zu verstehen und zu reflektieren.

00:52:57: Dafür auch nochmal ein ganz großes Dankeschön an alle.

00:53:05: Das war der erste Teil der Diskussionsrunde

00:53:08: von unserem Jubiläum.

00:53:09: Ich hoffe, es hat euch gefallen

00:53:11: und ihr konntet Input für euch mitnehmen.

00:53:13: In der nächsten Folge

00:53:14: hört ihr den zweiten Teil des Gesprächs.

00:53:16: Themen sind dort unter anderem die Bedeutung

00:53:18: von konstanten Bezugspersonen,

00:53:20: den Austausch von Pflegekindern untereinander

00:53:23: und wie Hilfeplanggespräche eigentlich wahrgenommen werden.

00:53:27: Das alles hört ihr am 6. September

00:53:29: bei der nächsten Folge von

00:53:31: Netzwerkkflegefamilien, der Podcast.

00:53:34: [Musik]

00:53:37: Netzwerk Pflegefamilien, der Podcast.

00:53:40: [Musik]

00:53:43: [Musik]

00:53:46: [Signal]

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.