Mit Kindern über schwierige Themen reden

Shownotes

In dieser Folge sprechen wir darüber, wie man mit Pflegekindern über schwierige Themen in ihrer Biografie ins Gespräch kommt. Fragen wie „Warum kann ich nicht bei meinen Eltern leben?“ stehen dabei im Mittelpunkt. Zu Gast ist die Diplom-Pädagogin, Systemische Beraterin und Supervisorin Birgit Lattschar, die seit über 20 Jahren Fort- und Weiterbildungen für pädagogische Fachkräfte sowie Pflege- und Adoptiveltern anbietet.

Im Interview erklärt Birgit Lattschar praxisnah, wie man selbst die schwersten Themen für Kinder verständlich macht und ihnen hilft, ihre Vergangenheit zu verstehen. Sie gibt wertvolle Beispiele, wie Pflege- und Adoptiveltern gemeinsam mit ihren Kindern schwierige Gespräche führen können – ohne Angst, sondern mit der richtigen Sprache und Empathie.

Buchempfehlungen:

„Viele Eltern für Mia – Ein Bilderbuch für jüngere Pflegekinder“ vom Kompetenzzentrum Pflegekinder Ein wunderschön gestaltetes Bilderbuch, das jüngeren Pflegekindern auf verständliche Weise erklärt, warum sie nicht bei ihren leiblichen Eltern leben können. Es zeigt auf liebevolle Weise, dass viele verschiedene Menschen zum Wohl des Kindes zusammenarbeiten.

„Herzwurzeln“ von Schirin Homeier und Irmela Wiemann Ein einfühlsames Buch, das Pflegekindern und Adoptivkindern hilft, ihre Wurzeln zu entdecken und zu akzeptieren. Es unterstützt Kinder darin, ihre Identität zu finden und mit ihrer Geschichte ins Reine zu kommen.

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Transkript anzeigen

00:00:00: Und das ist eine große Lebensfrage für das Pflegekind.

00:00:05: Warum bin ich Pflegekind?

00:00:06: Wenn ich das verstehen kann, habe ich auch eine Deutungshoheit über meine Geschichte.

00:00:11: Dann kann man zum Beispiel für kleine Kinder zu einer einfacher Formulierung nehmen, wie

00:00:17: deine Eltern hatten viele erwachsenen Probleme und die müssen sie sich erst kümmern und

00:00:25: haben deswegen keine Kraft, sich um dich zu kümmern, so wie das ein kleines Baby braucht.

00:00:30: Nicht das Kind, sondern ein kleines Baby.

00:00:32: Das wäre mit jedem anderen Baby auch so.

00:00:34: Und wir können das Kind darin unterstützen, indem wir es darin begleiten.

00:00:39: Und manchmal will ich dem Kind ein bisschen mitweiten und sagen, ich hätte es mir für

00:00:42: dich auch anders gewünscht.

00:00:44: Und die andere Seite ist, es ist was Gutes draus entstanden, weil du bist ein toller Mensch.

00:00:49: Das gehört ja auch immer dazu.

00:00:51: Und du bist ein starker Mensch und man kann auch in so schwierigen Sachen wachsen, also

00:00:56: auch auf diese Seite nochmal zu gucken.

00:00:58: Netzwerkpflegefamilien, der Podcast

00:01:07: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Netzwerkpflegefamilien, der Podcast.

00:01:12: Heute beschäftigen wir uns mit einem besonders sensiblen Thema.

00:01:15: Wie können wir mit Pflegekindern über schwierige Themen aus ihrer Biografie sprechen?

00:01:20: Dabei geht es um Fragen wie "Warum kann ich nicht bei meinen Eltern leben?" oder "Warum

00:01:24: kenne ich meinen Vater nicht?"

00:01:26: Ich freue mich sehr, dass wir für diese Folge Birgit Latscher gewinnen konnten.

00:01:30: Birgit Latscher ist Diplompädagogin, systemische Beraterin und Supervisorin und gibt seit über

00:01:35: 20 Jahren Fort- und Weiterbildung für pädagogische Fachkräfte sowie Pflege- und Adaptiveltern.

00:01:42: Gemeinsam mit Irmler Wiehmann hat sich das sehr empfehlenswerde Buch "Schwierige Lebensthemen

00:01:46: für Kinder in leicht verständliche Worte fassen" Schreibwerkstatt Biografiearbeit geschrieben.

00:01:51: Im Interview konnten wir viele Aspekte ausführlich besprechen und ich war besonders begeistert

00:01:57: von den praktischen Beispielen, die sie mitgebracht hat.

00:01:59: Wie schafft man es selbst, die schwerwiegenden Themen kindgerecht und sprachfähig zu machen?

00:02:04: Darüber erfahrt ihr in dieser Folge mehr.

00:02:06: Ich wünsche euch nun viel Spaß mit dem Interview.

00:02:10: Frau Latscher, erst mal vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, hier bei uns

00:02:13: im Podcast zu sein.

00:02:14: Herzlich willkommen.

00:02:15: Ich habe viel Erfahrung in der Arbeit mit Pflegefamilien.

00:02:18: Wie sind Sie überhaupt zu diesem Thema gekommen und was hat Sie dazu bewogen, sich intensiv

00:02:22: mit der Kommunikation über diese schwierigen Themen zu beschäftigen?

00:02:26: Ja, hallo erst mal und auch vielen Dank, dass ich eingeladen wurde.

00:02:30: Das freut mich sehr, weil es mein wirklich Leib und Magen Thema innerhalb der Biografiarbeit

00:02:37: ist und das ist eigentlich schon ein bisschen die Antwort auf Ihre Frage.

00:02:41: Also was hat mich bewogen, mich damit zu beschäftigen?

00:02:44: Da muss man vielleicht bei der Biografiarbeit als Überthema anfangen.

00:02:48: Ich habe lange in der Heimatziehung gearbeitet und es damit Kindern zu tun gehabt, die schwierige

00:02:55: Lebensgeschichten mitbringen, Lebensgeschichten auch mit Lücken, auch immer wieder Pflegekinder,

00:03:00: die dann nach gescheiterten Pflegeverhältnissen in die Heimatziehung kamen.

00:03:05: Da gab es oft unausgesprochenes, ungeklärtes, schwarze Löcher sozusagen.

00:03:12: Das hat mich beschäftigt.

00:03:14: Ich bin dann auf die Biografiarbeit gestoßen, das ist auch schon 30 Jahre her, die damals

00:03:19: in England oder im englischsprachigen Raum, auch in der Niederland, im Jugendhilf oder

00:03:24: in der sozialen Arbeit praktiziert wurde, als Livestorywork und fand es so spannend und

00:03:30: auch so sinnvoll, dass ich das mit nach Deutschland gebracht habe und umgesetzt habe.

00:03:35: So hat es angefangen und die schwierigen Themen ist so eigentlich der Kern des Ganzen.

00:03:42: Das eine ist Biografiarbeit, das ist ein ganz weites Feld, wo es darum geht, wer gehört

00:03:46: zu meiner Familie und was war in meiner Geschichte und auch was kann ich gut und was mache ich

00:03:51: gerne.

00:03:52: Und in den letzten Jahren hat sich so in meiner Praxis immer wieder gezeigt, die einfachen

00:03:58: Dinge gehen meistens gut, da machen viele Pflegeeltern auch Biografiarbeit.

00:04:02: Also ich habe dann irgendwann in der Heimatziehung aufgehört, habe mich dann irgendwann selbstständig

00:04:07: gemacht mit einer eigenen Praxis, bin auch Supervisorin und berate Pflegeeltern, Adoptiveltern

00:04:13: und andere und auch Fachkräfte und dann hat sich gezeigt, die schwierigen Themen, wenn

00:04:18: in der Vergangenheit des Kindes Dinge vorbefallen sind, über die man sich so schwer tut zu sprechen,

00:04:24: das ist so die Herausforderung und das fand ich auch sehr herausfordernd und das hat mich

00:04:27: beschäftigt und damit beschäftige ich mich immer noch und habe die Feststellung gemacht,

00:04:31: es gibt nichts was man nicht formulieren kann und es gibt nichts was man nicht irgendwie

00:04:36: gut in Borte fassen kann, es dauert manchmal ein bisschen länger.

00:04:38: Genau.

00:04:39: Ja spannend, kommen wir bestimmt später noch drauf.

00:04:45: Erst mal so als Einstieg, warum ist es denn eigentlich für Sie so wichtig, dass Pflegekinder

00:04:51: ihre eigene Geschichte kennen und auch verstehen?

00:04:53: Ich finde es ja für jeden Menschen wichtig, dass er weiß, wo komme ich denn her.

00:04:58: Zu Grundsatzfragen wie, wer sind meine Eltern, wie heißen die und wann haben die Geburtstag.

00:05:04: Kann man sich schon mal fragen, ob das Pflegekind das weiß.

00:05:07: Also, wer sind meine leiblichen Eltern, wie heißen die, wann haben die Geburtstag, wie

00:05:11: viele Geschwister habe ich, wo leben die und wann haben die Geburtstag, das ist glaube

00:05:15: ich eine Grundsatzinformation, die jeder, der in der Familie aufwächst, in der leiblichen

00:05:21: Familie aufwächst, beantworten kann.

00:05:23: Das können manche Pflegekinder nicht und das heißt, warum ist es so wichtig, die Geschichte

00:05:30: zu verstehen oder zu kennen?

00:05:31: Ich bin als Kind, als Jugendlicher immer wieder in der Situation, mich zu erklären oder

00:05:37: was von mir zu erzählen.

00:05:39: Und wenn ich das tun soll, zum Beispiel wenn mich in der Schulklasse jemand fragt, warum

00:05:43: hast du einen anderen Nachnamen oder warum sagst du Petra, deiner Mama oder Mama Petra

00:05:50: oder wie auch immer.

00:05:52: Wenn ich das also erklären soll, dass ich Pflegekind bin, dann muss ich das erstmal selber verstehen.

00:05:57: Wenn ich es nicht verstehe, wird es schwierig zu erklären.

00:06:02: Also deswegen ist es wichtig, dass Pflegekinder ihre Geschichte kennen.

00:06:04: Sie müssen erstens wissen, ich habe eine erste Familie, in der ich nicht leben kann und

00:06:09: sie sollten auch wissen, warum.

00:06:11: Weil ich kann nur Dinge anderen erklären, wenn ich sie selber verstehe und wenn sie für

00:06:17: mich Sinn machen.

00:06:19: Davon abgesehen, also es geht ja nicht nur darum, das anderen zu erklären, es geht eben

00:06:25: nicht ums eigene Verständnis.

00:06:27: Warum ist das so?

00:06:28: Die Frage, die man sich dann stellt, warum ist es bei mir so, dass ich Pflegekind bin?

00:06:32: Warum kann ich nicht bei der Mama oder bei Mama und Papa leben?

00:06:37: Und diese Frage wird manchmal noch ein bisschen verschärft, wenn ein Pflegekind Geschwisterkinder

00:06:42: hat, die in der Leiblichtfamilie leben.

00:06:44: Dann fragt sich es vielleicht, ist an mir was Verkehr?

00:06:48: Bin ich Schulter dran?

00:06:50: War ich vielleicht nicht brav genug, nicht klug genug?

00:06:55: Kinder neigen dazu, die Schuld bei sich zu suchen.

00:06:59: Und auch deswegen ist es so wichtig, dass sie verstehen, wer die Verantwortung hat für

00:07:04: diese Entscheidung.

00:07:05: Was würden Sie, das ist natürlich immer ganz individuell, aber so, wenn ein Kind wirklich

00:07:13: die Schuld bei sich sucht, warum bin ich nicht gewollt?

00:07:16: Warum bin ich nicht geliebt?

00:07:18: Wie kann man als Pflegeeltern an der Stelle sagen zu den Kindern, wie kann man den Mut

00:07:24: machen oder genau diese Verantwortung, die sie sich selber überstülpen, auch wieder nehmen?

00:07:30: Also ich würde schon mal da anfangen, warum bin ich nicht gewollt, sitzt so raus, es wäre

00:07:35: so, dass es nicht gewollt ist.

00:07:37: Ich würde erst mal sagen, dass du auf der Welt bist, zeigt, dass du gewollt bist.

00:07:41: Deine Mama hat dich bekommen.

00:07:44: Vielleicht aller Bieterigkeiten zum Trotz.

00:07:47: Und vielleicht geht die Geschichte dann so, dass man sagt, deine Mama hat dich gewollt

00:07:52: oder deine Eltern haben dich gewollt.

00:07:54: Auf der einen Seite und auf der anderen Seite haben sie dann aber gemerkt, wir schaffen

00:07:59: das nicht.

00:08:00: Wir schaffen das nicht den Alltag mit einem kleinen Baby.

00:08:04: Wir kriegen das nicht gut hin und so ist es zu der Entscheidung gekommen.

00:08:09: Weil das ist ja schon eine Hypothese.

00:08:11: Ich bin nicht gewollt.

00:08:14: Das muss nicht so sein.

00:08:16: Viele Kinder sind gewollt und dann hinterher wird es schwierig.

00:08:19: Weil es ist schon, in der Regel ist es eine Entscheidung zu sagen, ich trage dieses Kind

00:08:24: aus, ich bekomme das Kind.

00:08:26: Ich höre die Kritiker, die sagen, manche Mütter merken erst ganz spät in der Schwangerschaft,

00:08:31: dass sie schwanger sind.

00:08:32: Und dann würde ich jetzt sagen, trotzdem für mich etwas Gewolltes ein Kind auszutragen.

00:08:38: Ja, definitiv.

00:08:40: In ihrem Buch "Schwierige Lebensthemen für Kinder in leicht verständliche Worte fassen"

00:08:46: haben sie gesagt, dass das Kind so auch ein bisschen die Kontrolle über diese Erfahrung

00:08:51: gewinnen kann.

00:08:52: Das ist damit auch gemeint, also dieses zu wissen, wer ich bin, woher ich komme, wie

00:08:58: meine Eltern heißen, wann die Geburtstag haben.

00:09:00: Das ist genau, dass es halt diese Kontrolle ist über diese Erfahrung, die sie gemacht

00:09:06: haben.

00:09:07: Also zu wissen, was gehört zu mir, was gehört zu meiner Lebensgeschichte, heißt auch, das

00:09:14: kontrollieren zu können und damit auch selber zu bestimmen, wie ich damit umgehe.

00:09:18: Pflegekinder erleben ja, dass wichtige Entscheidungen in ihrem Leben sie nicht selbst getroffen haben.

00:09:24: Also die Entscheidung, dass sie in der Pflegefamilie fremdplatzierten, anführungszeichen fremdplatziert

00:09:30: werden, haben sie an der Regel nicht selber getroffen.

00:09:32: Und Kontrolle zurückzugewinnen über das Leben heißt eben auch informiert zu sein, über

00:09:38: das was war, um es verstehen zu können.

00:09:42: Und das ist eine große Lebensfrage für das Pflegekind.

00:09:46: Warum bin ich Pflegekind?

00:09:48: Warum wurde ich entweder fortgegeben, wenn es die Eltern selber entschieden haben oder

00:09:54: auch fremdplatziert weggenommen, wenn ein Familiengericht involviert war?

00:09:58: Wenn ich das verstehen kann, habe ich auch eine Deutungshoheit über meine Geschichte.

00:10:03: Das kann ich nur, wenn ich es weiß.

00:10:06: Und vor allen Dingen, Kontrolle heißt auch, andere sollten nicht mehr über meine Geschichte

00:10:12: wissen, als ich das weiß.

00:10:13: Und das ist eine Erfahrung, die Kinder in Jugendhilfe generell, auch in der Heimatziehung, durchaus

00:10:20: machen, da gibt es eine dicke Akte.

00:10:22: Und da stehen oft sehr intime Details drin über das Leben des Kindes.

00:10:28: Das heißt, viele Erwachsene wissen oft etwas über das Kind und das Kind weiß es vielleicht

00:10:33: selber gar nicht.

00:10:34: Das heißt, die anderen haben Macht oder Kontrolle darüber, weil die das wissen und das Kind

00:10:38: selber weiß es nicht.

00:10:39: Das ist ein Ungleichgewicht.

00:10:41: Und es wird von Kindern auch, oder zunehmend eher von Jugendlichen, auch als Nachteil erlebt,

00:10:48: die dann sagen, da wissen so viele Leute was über mich.

00:10:51: Und ich darf gar nicht entscheiden, ob ich das erzähle oder erzählen will.

00:10:55: Und wenn dann noch Geheimnisse da sind, die andere wissen und das betroffene Kind der

00:11:02: Jugendlich selber nicht, dann ist oft das ein Gefühl von großer Krenko.

00:11:07: Da weiß jemand was über mich und ich selber krieg es nicht gesagt.

00:11:09: Das kann ich mir gut vorstellen.

00:11:11: Ich habe mich gerade erinnert an ein Interview, was ich vor einigen Monaten auch mit einem

00:11:16: jetzt erwachsenen Pflegekind gehalten habe.

00:11:19: Und die hat sich die ganzen Akten zur Einsicht geben lassen.

00:11:22: Und sie sagt, dass es für sie so ein ganz komisches Gefühl war, quasi ihre Jugend,

00:11:28: ihre Kindheit, in Form eines Dokumentes zu sehen, was dann andere für sie entschieden

00:11:35: haben und wie sie sich wohl in einigen Stellen gefühlt hat.

00:11:39: Und so.

00:11:40: Das sind ja Sachen, die Kinder und Menschen, die halt nicht ein Pflegefamilien oder die

00:11:44: halt nicht diesen Apparat Jugendhilfe kennen.

00:11:47: Das finde ich auch total merkwürdig, wenn ich irgendeine Akte lese und da irgendwie von

00:11:53: meiner Pubertät gesprochen werde.

00:11:55: Also das finde ich wirklich ein spannenden Punkt.

00:11:59: Zum einen ist es so, es gab mal das Leuchtturm-Projekt Pflegekinderdienst vom Landschaftsverband

00:12:06: Rheinland und da haben ja verschiedene Jugendämter mitgewirkt.

00:12:09: Ein und da wird Biografiearbeit auch nochmal sehr empfohlen oder klar gesagt, das ist

00:12:14: unbedingt notwendig.

00:12:15: Und ein Resultat ist auch, dass da Erwachsene oder Erwachsenepflegekinder gesagt haben,

00:12:21: das Gefühl, dass da es so nicht bestimmen kann, darüber wer das von dir weiß.

00:12:25: Und der wievielte Sozialarbeiter, das muss man auch nochmal sehen, im Verlauf eines Pflegekinderlebens

00:12:30: ist es vielleicht drei, wenn man Glück hat, vielleicht auch fünf, vielleicht auch sieben

00:12:34: Menschen im Jugendamt.

00:12:36: Da habe ich noch keine Vormünder und sonst wen dabei.

00:12:38: Also das Gefühl zu haben, dass man gar nicht weiß, wer liest das alles und dann auch das

00:12:43: Gefühl zu haben, beim Fünften habe ich eigentlich keine Lust mehr, das nochmal zu erzählen.

00:12:48: Und was liest ihr jetzt in meiner Akte und das nicht bestimmen zu können, ist kein gutes

00:12:54: Gefühl.

00:12:55: Und bei aller Partizipation, auch in Bezug auf Hilfeplanung, müssen wir uns in der Jugendhilfe

00:13:00: finde ich die Frage stellen, reden wir mit den Kindern oder reden wir über die Kinder

00:13:04: und wie geben wir denen auch ihre Deutungshoheit über ihre Geschichte zurück.

00:13:09: Das ist kein schönes Gefühl, wenn da irgendeiner irgendwas über mich schreibt und der hat

00:13:13: mich vielleicht erst zweimal gesehen oder gar nicht.

00:13:17: Das war unser Jubiläum vor ein paar Monaten, haben wir unser 30-jähriges Jubiläum gefeiert,

00:13:22: auch eine Talkrunde mit Erwachsenen, Pflegekindern, die dann auch, ich glaube, da wurde irgendwie

00:13:28: die Amtsvormundschaft gewechselt und dann kam für sie eine fremde Person dazu und die

00:13:33: sagte dann so, okay, du bist also der Neue, ja okay, lass mal reden.

00:13:37: So, und dieses Gefühl von einer wildfremden Person, die wirklich privatesten Dinge irgendwie

00:13:44: teilen zu müssen, das war ein sehr beeindruckendes Statement von dieser jungen Frau.

00:13:51: Gut, wann ist denn so ein guter Zeitpunkt, um eigentlich mit Biografiarbeit zu beginnen?

00:13:57: Ich glaube, das ist eine der häufigsten Fragen, die ich gestellt bekommen und Fachkräften

00:14:04: und auch von Pflegeeltern, wann ist ein guter Zeitpunkt und dann sage ich immer, es gibt

00:14:08: nicht den guten Zeitpunkt.

00:14:09: Und es wäre nicht so gut drauf zu warten, dass der gute Zeitpunkt kommt, der gibt es

00:14:14: nämlich nicht und im Familienleben ist sowieso immer irgendwas anderes wichtig und grad dringend.

00:14:18: Also insofern ist jetzt ein guter Zeitpunkt und wenn man einen neuen Pflegekind aufnimmt

00:14:25: von Anfang an, ein guter Zeitpunkt.

00:14:27: Also Biografiarbeit ist ja ein ganz großer Begriff und ich brech das gerne ein bisschen

00:14:34: runter und sage Arbeit an der Lebensgeschichte oder das Beschäftigen sich mit der Lebensgeschichte

00:14:40: des Kindes, das macht auch nicht so viel Angst wie Biografiarbeit und es steckt auch nicht

00:14:44: der Begriff Arbeit drin, manchmal ein bisschen kontraproduktiv und das am besten beginnt

00:14:50: man das von Anfang an indem man zum Beispiel, wenn man ein Pflegekind aufnimmt mit dem

00:14:56: Kind ein Erinnerungsbuch anfängt.

00:14:59: Und dann könnte man zum Beispiel sagen, du ich habe mir gedacht, dass die Sachen nicht

00:15:03: verloren gehen, die du schon erlebt hast oder dass wir immer wissen auch, was noch wichtig

00:15:07: ist, was zu dir dazu gehört aus deinem Leben vorher.

00:15:11: Könnten wir mal ein paar Sachen hier in das Buch anschreiben.

00:15:14: Hier gibt es ein Erinnerungsbuch oder ein Lebensbuch und da können wir reinschreiben,

00:15:21: wer zu deiner Familie dazugehört und wie Oma und Opa heißen, wann die Geburtstag haben,

00:15:26: so was ja, wo die Geschwister wurden oder machen wir einen Steckpräf oder wenn die

00:15:31: Mama oder der Papa beim Besuchskontakt Binder mitbringen, dann kleben wir die ein und wir

00:15:37: fragen nochmal nach, wie das eigentlich kam, wie du zu deinem Vornamen gekommen bist

00:15:41: und wer sich das ausgedacht hat oder wer das entschieden hat und so weiter und so fort

00:15:46: und so wächst es mit dem Kind mit.

00:15:48: Und ähnlich eigentlich wie ein Portfolio im Kindergarten, was ja auch begleitend, also

00:15:55: ein Entwicklungsordner, jedes Kind heutzutage im Kindergarten hat ein Entwicklungsordner,

00:15:59: das finde ich eine große Errungenschaft.

00:16:01: Also das habe ich nicht gehabt als Kind, ja die älteren unter uns haben das nicht gehabt

00:16:06: und wenn ich das heute sehe bei meinen Kindern, dann ist es ein riesengroßer Schatz, dass

00:16:10: man so was durchblättern kann und da gibt es die Fotos und Kinder lieben das auch da

00:16:14: durch zu gucken, guck mal so habe ich ausgesehen und dann gibt es Bildungs- und Lerngeschichten

00:16:19: und beim Pflegekind gibt es natürlich auch Fotos und alles Mögliche über die Zeit in

00:16:24: der Pflegefamilie, aber wo kommt das rein, was eben vorher war und das kann in der Innerungsbuch

00:16:29: rein und das kann man sich dann angucken und vor allen Dingen kann das Kind gut entscheiden,

00:16:35: habe ich jetzt Lust zu oder nicht und da wird es Phasen geben, also richtiger Zeitpunkt,

00:16:41: es gibt Phasen im Leben, da haben die keine Lust und wollen sie auch nicht hinsetzen oder

00:16:46: wollen auch nicht schreiben oder ja, irgend sowas machen, da ist anderes wichtig oder vielleicht

00:16:52: wollen sie es auch in einer bestimmten Phase jetzt nicht mit der Pflegemutter machen oder

00:16:56: mit dem Pflegevater, weil anderes wichtig ist und dann gibt es wieder Phasen, da ist es

00:17:00: wichtig und ich habe so ein Ordner und dann habe ich da und dann kann man einfach gucken,

00:17:06: was tun wir da jetzt rein und man kann zum Beispiel den Geburtstag nutzen, um mal zu

00:17:10: gucken, braucht man Update oder den Ankunftstag, wenn der gefeiert wird oder Hilfeplanung,

00:17:18: wenn Hilfeplanung ist, dann kann man den Hilfeplanung in kindgerechten Worten übersetzt,

00:17:23: da einheften und das ist einfach da und läuft somit und das ist so meine Mission so ein bisschen

00:17:29: oder meine Vision, jeden Kind ein Lebensbuch, also jeden fremdplatzierten Kind ein Lebensbuch,

00:17:34: die haben alle nackt im Jugendamt, aber die sollten ja was für sich haben und das wäre

00:17:40: ein Lebensbuch oder ein Erinnerungsbuch. Ja, ganz wichtig, wir haben halt auch ein vom

00:17:45: Netzwerkspflegefamilien ein Lebensbuch, was wir jetzt gerade überarbeiten und da auch

00:17:50: nochmal schauen, was fehlt denn eigentlich, welche Punkte sind in den letzten Jahren noch

00:17:54: größer geworden, was müssen wir generell überarbeiten und geben das dann auch den

00:17:59: Pflegefamilien dann direkt eigentlich zum Einzug mit, das finde ich auch ein ganz ganz

00:18:04: wichtigen ganz wichtigen Ansatz. Ich bin gerade so bei dem Thema, was sind so gute

00:18:08: Rahmenbedingungen, eins ist das Kind muss erstmal ein generelles oder sollten generelles

00:18:13: Interesse zeigen, also so ein Zeitpunkt wie Hilfeplangespräch, wo diese Themen eh offen

00:18:18: quasi auf dem Tisch liegen könnten, ja eine gute Rahmenbedingung sein, was sind so noch,

00:18:24: also was kann so ein Gespräch oder eine Arbeit mit einem Lebensbuch fördern, welche Atmosphäre?

00:18:31: Also Freiwilligkeit, das Kind muss Lust haben, ich kann das nicht dazu zwingen. Eine gute

00:18:39: Atmosphäre, eine Vertrauensvolle auf die Frage, wer macht das mit dem Kind, also jetzt sagen

00:18:44: wir mal die Pflegeeltern, das ist ein Paar, dann kann man überlegen, die eine oder die

00:18:49: andere Person oder auch beide immer mal wieder, wie kann man da auch leibliche Eltern mit

00:18:54: einbeziehen und eine gute Atmosphäre zum arbeiten, das man schon auch Lust hat. Also

00:18:59: die Pflegeeltern sollten auch Lust haben und nicht das Gefühl haben, ich muss das jetzt

00:19:03: halt machen, ja so wie ich vielleicht bei den Erziehungsstellen eine Vorab-Infos schreiben

00:19:08: muss oder sowas, ja, ich muss auch Lust haben und Spaß haben, weil sonst hat das Kind wahrscheinlich

00:19:13: auch weniger Lust. Also wenn ich das Gefühl habe als Pflegeeltern, ah, ich muss jetzt

00:19:17: machen, weil es Jugendamt hätte das gerne, dann wird es wahrscheinlich eher nicht so,

00:19:21: ja, folgversprechend. Ja, Freiwilligkeit, Respekt, aber das würden wir also Respekt vor

00:19:28: der Geschichte und Respekt vor den leiblichen Eltern oder eine respektvolle Haltung gegenüber

00:19:33: den leiblichen Eltern ist eine Grundvoraussetzung. Das gelten wir natürlich immer auch unterschreiben

00:19:39: und sagen, natürlich, das ist die Grundvoraussetzung, um Pflegekind anzunehmen und gleichzeitig

00:19:44: ist es so, dass in Einzelfall auch bei manchen Geschichten man da manchmal auch so ein bisschen

00:19:50: mit kämpfen muss mit der respektvollen Haltung, weil wenn ich ein Pflegekind aufgenommen

00:19:54: habe, was Gewalt erlebt hat oder anderes und dann ist es manchmal schwer mit der respektvollen

00:20:01: Haltung und da sage ich, da ist es gut, wenn die Pflegeeltern auch für sich ein Raum

00:20:05: haben, um daran zu arbeiten, weil das Kind merkt, was wir für eine Haltung haben als Erwachsener

00:20:10: und wenn ich da selber nicht noch mit harter oder nicht gut mit klar komme, dass diese Eltern

00:20:17: sich so und so verhalten haben, die leiblichen Eltern, dann ist es eher eine ungünstliche

00:20:22: Voraussetzung. Und ein bisschen Ruhe, das wäre noch gerade noch, also ein bisschen Ruhe sollte

00:20:28: man auch haben, wenn ich Lebensbuch ausfülle, Sachenbespreche einklebe, dann kann sich auch

00:20:36: einfach so ein tiefergehendes Gespräch entwickeln, weil es Thema auf dem Tisch ist. Und dann

00:20:41: wäre es auch gut, wenn nicht noch drei andere kommen, gerannt kommen, andere Kinder und

00:20:45: was wollen oder das Telefon klingelt oder so. Also ein bisschen ruhige Atmosphäre, Ungestörtheit,

00:20:53: geschützter Rahmen, das wäre ganz gut. Als ich so mit den ersten Arbeiten für das

00:20:58: Interview heute dann gesessen habe und überlegt habe, welche Fragen würden mich denn interessieren,

00:21:05: ist auch so dieses Thema, wie finde ich denn so eine richtige Sprache eigentlich, um mit

00:21:10: Pflegekindern über Biografie und Vergangenheit zu sprechen. Was hätten Sie oder was würden

00:21:16: Sie anderen Pflegeeltern an die Hand geben, wie Sie halt einfühlsamen und aber auch klar

00:21:21: mit den Kindern kommunizieren können? Man muss es ein bisschen übeln und nicht

00:21:28: darauf vertrauen, im Moment kommen mir dann schon die richtigen Worte. Also wie kann ich

00:21:34: gut kommunizieren, gute Übungen ist sich vorher zu überlegen, was will ich denn eigentlich

00:21:39: sagen. Und das würde ich mal voraussetzen, nicht warten bis das Kind was fragt, weil

00:21:44: dann ist man ja manchmal so ein bisschen auch überfallen, sondern vorher zu überlegen.

00:21:50: Also wenn man sagt, das Kind weiß eigentlich gar nicht, warum es bei uns ist. Das weiß

00:21:56: eigentlich gar nicht so genau, was hat denn die Mama? Jetzt öfter bei den Mamas in den

00:22:01: Beispiel, weil es öfter die Mamas sind, die leiblichen Mütter, aber natürlich betrifft

00:22:05: es auch den Papa. Was hat denn die Mama, sagen wir mal die Mama ist psychisch krank und

00:22:10: da wurde noch nicht so drüber gesprochen. Das kann man ja gut vorher überlegen, wie

00:22:13: erkläre ich denn das, was die Mama hat. Und dann würde ich empfehlen, dann setzen Sie

00:22:17: sich hin und schreiben es mal auf für sich. Weil wenn man es aufschreibt, und liest dann

00:22:22: merkt man manchmal, oh das hat noch nicht so ganz Hand und Fuß. Also das müssen wir

00:22:26: noch ein bisschen glätten und dann brauchen wir vielleicht noch ein paar bessere Worte

00:22:30: für. Da gibt es Bilderbücher mit Anschauungsbeispielen, da gibt es schon Materialien, da kann

00:22:36: man sich noch mal besprechen mit Partnerinnen oder Partner. Da könnte man sich auf jeden

00:22:40: Fall von der Fachkraft holen, von der man betreut wird. Und dann gucken, wie können

00:22:45: wir eine gute Erklärung formulieren. Und wenn man sowas öfter macht, geht einem das

00:22:52: auch die Sprache in Fleisch und Blut über. Also das sind wir schon bei den Praktischen,

00:22:57: wenn wir hier über Kommunikation reden, es wäre gut, wenn man mit den Kindern nicht

00:23:05: nur übers Gespräch kommuniziert. Weil das Ohr in der Regel das schlechteste Kanal ist,

00:23:10: also lernt theoretisch und ganz viel auch nicht so ankommt wie gemeint, anders verstanden

00:23:16: wird, nicht gehört wird und und und. Das heißt, wenn wir über schwierige Themen reden, dann

00:23:22: ist es gut, sich vorzubereiten, das schriftlich zu machen und es dem Kind auch als Lebensbrief,

00:23:27: also so eine erklärenden Brief oder als kleines Bilderbuch, als Bildergeschichte wirklich

00:23:33: aufzuschreiben, weil dann kann das Kind es auch nochmal nachlesen oder sich vorlesen lassen.

00:23:38: Und da kann man so ein bisschen einfach feilen an der Sprache auch.

00:23:43: Also Übung, ganz wichtig.

00:23:47: Das ist eine Übungssache.

00:23:48: Ja, ja. Ja, also es ist eine Übungssache und es gelingt auch und ich mache da total gute

00:23:55: Erfahrungen, dass man sich so ein bisschen rein denkt und ein bisschen ausprobiert und

00:24:01: vielleicht auch mal anfängt mit so leichteren Themen und nicht gleich mit den ganz schweren

00:24:05: Themen, dass man dann auch sich sicherer fühlt. Und wenn ich zum Beispiel, was ich öfter mache

00:24:11: mit Pflegeeltern Lebensbilderbücher gestalte, also mit der persönlichen Lebensgeschichte

00:24:16: des Kindes, dann ist es immer auch so, dass wir zum einen dann am Ende ein Bilderbuch

00:24:20: haben für das Kind, das ist super.

00:24:22: Aber der Nebeneffekt ist immer auch, dass die Pflegeeltern sagen, ich fühle mich jetzt

00:24:27: sicherer.

00:24:28: Ich habe da nicht so viel Angst mehr vor, weil ich habe da jetzt ein Text verfasst und ich

00:24:33: habe Worte gefunden und habe dann nicht mehr so viel Bedenken da, wenn ich jetzt was gefragt

00:24:40: werde.

00:24:41: Ich glaube, es sind ja genau diese Momente.

00:24:46: Das Pflegekind ist jetzt vielleicht, seitdem es ein oder zwei Jahre alt ist in der Pflegefamilie,

00:24:52: weiß jetzt noch gar nicht wirklich eigentlich von seiner Geschichte und man steht irgendwie

00:24:59: am besten im Supermarkt und man sieht irgendwie eine schwangere Frau und das Kind sagt, war

00:25:04: ich eigentlich auch in deinem Bauch.

00:25:05: Genau.

00:25:06: Was würde ich jetzt super beispielen?

00:25:09: Was würde ich Sie sagen?

00:25:10: Superbeispiele.

00:25:11: Was würde ich Sie sagen?

00:25:12: Superbeispiele.

00:25:13: Supermarkt an der Kasse nicht so gut, weil ich war selber auch überfahren ist und weil

00:25:18: ganz viele neugierige Ohren mit hören.

00:25:21: Was sagt ihr jetzt?

00:25:22: Das heißt, in so einer Situation, Strategie könnte sein vertagen, nämlich das ist eine

00:25:28: gute Frage.

00:25:29: John, das ist eine gute Frage.

00:25:32: Ich muss ein bisschen überlegen, wie ich dir eine gute Antwort geben kann.

00:25:35: Das können Sie ja nicht in einem Satz sagen.

00:25:38: Ich würde Sie sagen, nein, aber das ist eine gute Frage.

00:25:41: Ich muss ein bisschen überlegen.

00:25:42: Ich komme später darauf zurück.

00:25:44: Wir reden zu Hause in Ruhe darüber.

00:25:46: Bisschen Zeit kaufen, bisschen vertagen.

00:25:49: Gilt auch für andere Situationen in der Öffentlichkeit.

00:25:52: Ideal wäre natürlich dann, wenn ich nicht darauf warte, dass das zwei-jährige oder

00:25:56: drei-jährige im Supermarkt fragt, sondern wenn ich schon vorher zum Beispiel ein Lebensbildabuch

00:26:00: hätte und das ganz einfache Text, das ist dann drin, das ist die Mama Julia, das ist der

00:26:05: Papa Mike.

00:26:06: Das sind deine ersten Eltern.

00:26:08: Bin ich schon beim Wörding, was neben mir.

00:26:11: Das sind deine leiblichen Eltern, leibliche Eltern klingt so ein bisschen.

00:26:14: Merkwürdig, das sind deine ersten Eltern.

00:26:18: Aber da muss man was suchen, was gut passt.

00:26:20: Von mir aus nimmt man halt auch Bauch.

00:26:22: Mama, bin ich nicht so der Fan davon, aber da muss man auch "Bau Papa" sagen.

00:26:25: Der Papa braucht auch einen Begriff.

00:26:27: Also, das sind deine ersten Eltern.

00:26:28: Sie haben dir das Leben gegeben.

00:26:30: Als du drei Monate alt warst, bist du zu uns gekommen.

00:26:35: Das wäre jetzt mal ganz einfach ohne Bereitschaftspflege.

00:26:38: Aber so, seitdem sind wir Mama und Papa für jeden Tag.

00:26:43: Da haben wir noch nicht die Gründe drin, macht man dann auch noch.

00:26:47: Aber wenn ich sowas schon habe als Geschichte oder als Bilderbuch, also am besten bei den

00:26:54: kleinen Kindern als Bilderbuch, dann kommt es eigentlich gar nicht zu der Situation.

00:26:58: Also kann es schon kommen.

00:27:00: Wenn dann gefragt wird, bin ich auch in deinem Bauch gewachsen, kann ich sagen, Nägel weißt

00:27:04: doch, die Mama Julia.

00:27:05: Das ist deine erste Mama, in deren Bauch bist du gewachsen.

00:27:08: Zu uns bist du gekommen, als du drei Monate alt warst.

00:27:12: Und seitdem bin ich die Mama für jeden Tag.

00:27:14: Dann habe ich schon den Texten kann darauf verweisen.

00:27:17: Da muss ich nicht mit dem Großen Ganzen anfangen, weil ich kann eigentlich keine einfache Antwort

00:27:22: darauf geben.

00:27:23: Bin ich auch in deinem Bauch gewachsen.

00:27:24: Ich kann sagen, nein.

00:27:26: Und dann hinterlässt du es ein großes Fragezeichen.

00:27:29: Nein und den Rest erkläre ich dir später oder so, ne?

00:27:32: Du bist im Bauch der Mama Julia gewachsen und so weiter und so fort.

00:27:36: Und da muss ich ja immer so ein bisschen Kontext dazu auch sagen.

00:27:39: Deswegen richtiger Zeitpunkt.

00:27:43: Am besten von Anfang an.

00:27:45: Ja und vielleicht auch was dann in der Hinterhand zu haben.

00:27:48: Also quasi, dass dieses, den Lebensbrief schreiben, bevor das überhaupt vielleicht mal

00:27:53: Thema war, ne?

00:27:54: Also ich sage jetzt am Anfang eines Pflegeverhältnisses, dass wir für mich so, wenn ich, wenn

00:28:00: ich den Pflegeverhältnis anfange, dann zu überlegen, nachdem wie alt das Kind ist,

00:28:04: was weiß es schon?

00:28:07: Es weiß schon im Übrigen, dass es getrennt wurde.

00:28:10: Es hat ja schon die Verlusterfahrung gemacht, diesen Wechsel.

00:28:13: Wer erklärt was dem Kind, was weiß es schon?

00:28:16: So.

00:28:17: Wie ist das, wenn, Sie haben ja gerade gesagt vom Weg, dass es Mama Julia und Papa Mike,

00:28:24: wenn aber von dem Papa Mike gar nichts bekannt ist, also auch nicht mal der Name und dann aber

00:28:29: die Frage kommt.

00:28:30: Und der Papa, ist da auch das Ding, erstmal Zeit zu gewinnen.

00:28:35: Das weiß ich nicht, aber wir können auf die Suche gehen.

00:28:39: Da gibt es Berater XY, wir können das mit dem mal zusammen besprechen.

00:28:43: Oder was ist, wie kann man da gut darauf reagieren?

00:28:45: Kommt wieder drauf an, was Sie im Supermarkt sagen wollen, ne?

00:28:50: Das wäre jetzt nicht im Supermarkt, sondern bei dem ersten Geschwäß.

00:28:55: Ja, okay, das wäre nicht im Supermarkt.

00:28:57: Genau.

00:28:58: Ist eine Option, so wie Sie es gesagt haben.

00:29:01: Eine Option ist auch zu sagen, zu jedem, also zu jeder Geburt oder zu jedem Kind gehört

00:29:06: auch immer ein Papa.

00:29:07: Und dann kann man überlegen, könnte sagen, leider wissen wir nicht, wie er heißt.

00:29:13: Wäre schon mal ganz neutral, ne?

00:29:15: Und dann könnte man sagen, wir machen uns auf die Suche.

00:29:17: Dann könnte man zum Beispiel auch sagen, die Mama hat es nicht eintragen lassen.

00:29:23: Jetzt finde ich jetzt eine wichtige Unterscheidung, so benannten unbekannten Väter.

00:29:28: Die sind ja in der Regel nicht unbekannt.

00:29:31: Die sind nicht eintragen.

00:29:32: Das finde ich ein Unterschied.

00:29:33: Also ich sprich auch lieber vom nicht eingetragenen Vater als vom unbekannten Vater, weil ich

00:29:40: finde, dass der Begriff unbekannter Vater sofort Phantasien lostritt.

00:29:45: Und die Phantasien sind meistens eher negativ.

00:29:48: Da entstehen Phantasien von, wie kann es sein, dass man das nicht weiß, hat die Frau sich

00:29:54: postituiert.

00:29:55: Gibt es da mehrere, die in Frage kommen oder oder oder?

00:29:59: Und wenn wir uns angucken, warum Väter nicht eingetragen sind, dann sind die Gründe eher,

00:30:07: er soll es nicht wissen, damit er nicht mitentscheidet.

00:30:09: Die Frau will es nicht veröffentlichen aus unterschiedlichen Gründen.

00:30:13: Es ist nicht unbedingt so, dass der unbekannt ist.

00:30:17: Es gibt es natürlich auch, aber ich glaube, das sind wirklich wenige Fälle, wenige Erfälle.

00:30:23: Es ist eher so, es ist schon klar, wer es ist, aber die Frau will einfach nicht mehr dazu

00:30:29: sagen, vielleicht gibt es auch eine Geschichte von großer Verletzung, Kränkung, Gewalt, was

00:30:33: auch immer.

00:30:34: Und dann ist ein Angebot zu sagen, wir machen uns auf die Suche.

00:30:40: Weil wenn wir nur sagen würden, wer wissen nicht, wer es ist, fertig, dann haben wir sofort

00:30:45: aufs Gespräch abgeschnitten damit.

00:30:46: Und es wäre gut, ein Angebot zu machen und sagen, du, das ist nicht eingetragen, deiner

00:30:51: Geburtstagrunde.

00:30:52: Klar, mal auf, Geburtstagrunde, kann man auch mal angucken und ins Lebensbuch reinhelfen,

00:30:57: klar, mal zu.

00:30:58: Es ist nicht eingetragen und wir können mal, ich kümmere mich mal drum.

00:31:01: Ich frag mal beim Jugendamt nach oder wir fragen zusammen nach oder vielleicht kann

00:31:05: ich deine Mutter mal alleine fragen, ob sie ein bisschen was erzählen kann.

00:31:10: Kommt jetzt drauf an, was es so ist, ja.

00:31:12: Wir gucken mal.

00:31:13: Wenn man dann immer noch nichts rauskriegt, kann ja sein.

00:31:16: Dann auch dann kann man sagen, okay, also das ist jetzt erstmal so, vielleicht findet

00:31:21: man später noch was raus.

00:31:24: Aber wir können ja mal in deinem Lebensbuch eine Seite einheften, wo wir drauf schreiben,

00:31:30: so stelle ich mir meinen ersten Vater vor.

00:31:33: Und dann kann man mit dem Kind sammeln, was das Kind denkt, wie der sein könnte, weil

00:31:39: die Fantasien des Kindes werden da auch irgendwann in diese Richtung gehen.

00:31:43: Was ist das für eine?

00:31:44: Und wenn wir wissen, die Mutter ist klein und blond und blaue Augen, hat blaue Augen und

00:31:52: das Kind ist aber eher groß und dunkelhaarisch und hat braune Augen, dann müssen wir jetzt

00:31:58: nicht viel Fantasie haben, um zu sagen, könnte gut sein oder wahrscheinlich ist es so, dass

00:32:04: dein Papa auch groß war und dass er braune Augen hat und die hast du von ihm.

00:32:08: Weil die Mutter ist unmusikalisch und das Kind ist musikalisch, dann ist es schon anzunehmen,

00:32:13: könnte gut sein, muss man ein bisschen im Bereich der Hypothesen bleiben.

00:32:16: Aber das ist immer noch mehr als nur so ein schwarzes Loch.

00:32:22: Ich finde es an der Stelle glaube ich auch ganz wichtig, dem Kind auch zu zeigen, dass

00:32:29: es vollkommen okay ist, diese Fragen zu stellen.

00:32:32: Also an der Akzeptanz diesen Fragestellungen gegenüber zu haben, den Kind gegenüber zu

00:32:37: haben.

00:32:38: Und das mache ich indem ich sage, ich mache mich mit dir auf die Suche.

00:32:42: Und kann schon sein, dass ich auch dazu sagen muss, leicht finden, weil jetzt nicht so

00:32:48: viel raus ist, wir müssen mal gucken.

00:32:49: Und wenn es dann so ist, kann es auch ein Teil der Biografiearbeit sein, das Kind darin

00:32:57: zu begleiten, das zu akzeptieren zu müssen.

00:33:01: Weil letztlich ist alles, also die Pflegekinder müssen, also viele Menschen, nicht nur Pflegekinder,

00:33:07: man muss akzeptieren, dass es vielleicht auch Lücken gibt, die nicht geschlossen werden.

00:33:13: Dass eine Mutter sich vielleicht weigert, was darüber zu sagen.

00:33:17: Und das muss man akzeptieren und dann kann man sich darüber aufregen, aber kann das

00:33:22: Kind generell darin auch begleiten und zu sagen, ja, das ist so und ich stehe dir bei.

00:33:29: Ja, ich kann verstehen, wenn du jetzt vielleicht wütend bist oder enttäuscht bist oder oder

00:33:35: oder.

00:33:36: Es gibt im Leben eines jeden Menschen Dinge, die einem so gesetzt sind, die man akzeptieren

00:33:42: muss und das könnte eine davon sein.

00:33:45: Ich denke da immer an so, auf Beispiel aus dem Bereich Adoption in Findelkind wird akzeptieren

00:33:51: müssen, dass sehr wahrscheinlich, dass man wenig findet zur Herkunft, also trotz aller

00:33:56: Formate am Fernsehen, Babyklappen, Kinder und anderes.

00:34:01: Ja.

00:34:02: So.

00:34:03: Eins, ich glaube, der zentralen Themen, die Pflegeeltern wahrscheinlich, das könnten

00:34:11: Sie dann wahrscheinlich bestätigen oder sagen, das ist vollkommen nach Quatsch, aber das

00:34:14: ist eine der schwierigsten Fragen ist, wie finde ich denn die passenden Worte, dem Kind

00:34:18: zu erklären, warum es nicht mehr bei den Eltern leben kann?

00:34:22: So, wie kann man daran gehen an dieses Thema?

00:34:26: Ist natürlich total individuell, natürlich, wie nach dem, was es für eine Geschichte ist

00:34:30: und was man auch weiß, aber was sind so allgemeine Hinweise, die hilfreich sind, dieses Thema

00:34:38: gut angehen zu können?

00:34:39: Also gut auch nochmal vorher und das würde mich auch eine Aufgabe für die Fachkräfte

00:34:48: zu überlegen, was hinter die Krüte, weil mir sagen manchmal, die Pflegeeltern, ich weiß

00:34:52: eigentlich gar nicht genau und es ist auch schwierig dann, was zu erklären, dass man

00:34:55: selber nicht versteht.

00:34:56: Also zu gucken, was weiß ich denn und wie kann ich diesen Worte fassen?

00:35:04: Wer gut am Anfang eines Pflegeverhältnisses, dann kann man zum Beispiel für kleine Kinder

00:35:08: zu einer einfacher Formulierung nehmen, wie deine Eltern hatten viele erwachsenen Probleme

00:35:17: und die müssen sie sich erst kümmern und haben deswegen keine Kraft, sich um dich

00:35:21: zu kümmern, so wie das ein kleines Baby braucht.

00:35:24: Nicht das Kind, sondern ein kleines Baby, es wäre mit jedem anderen Baby auf so, impliziert

00:35:30: das Ganze.

00:35:31: Also hatten nicht genug Kraft oder sie hatten erwachsenen Probleme.

00:35:34: Diese Formulierung mit den erwachsenen Problemen, die finde ich sehr gelungen und wäre schon

00:35:40: mal ein Tipp, es gibt ein sehr schönes Bilderbuch zu dem Thema, kennen Sie bestimmt auch viele

00:35:45: Eltern für mir.

00:35:46: Vom Kompetenzzentrum Pflegekinder.

00:35:49: Das ist eine gute Hilfe für leichte Sprache, einfache Sprache und gute Erklärungen und

00:35:55: das sind ein paar Beispiele drin, warum Mama es nicht die Kraft haben.

00:35:59: Ein Kind braucht jemand, der viel Kraft hat, um sich um es zu kümmern.

00:36:04: Manchmal kann man auch die Details gehen, kann sagen, kleines Baby braucht regelmäßig

00:36:09: was zu futtern.

00:36:10: Das braucht eine Fläche und das muss getragen werden und es muss auf frische Windel und

00:36:18: es muss getröstet werden.

00:36:19: Manchmal schreit so ein kleines Baby und weiß gar nicht warum und muss ganz viel ausprobieren,

00:36:23: wenn man nicht weiß, was hat es denn und das braucht alles Kraft von jungen Eltern.

00:36:28: Manchmal sind junge Eltern auch ganz schön kertisch gestresst, können die Pflegeelder

00:36:33: bestimmt gut erklären.

00:36:34: Und da braucht man Kraft für.

00:36:37: Diese Kraft hatte deine Mama nicht, hatten deine Eltern nicht.

00:36:41: Vielleicht kann man auch dazu sagen, sie hatten es selber nicht gut gelernt, wenn man das macht.

00:36:46: So Flächen machen und so was und Wickeln und Trösten.

00:36:50: So, einfache Worte finden.

00:36:54: Und Kraft ist auch irgendwann so was Allgemeines und das kann dann später ein bisschen detaillierter

00:37:00: werden.

00:37:01: Einfache Worte finden.

00:37:04: Was ist denn, wenn das Kind sprachlich oder kognitiv nicht wirklich in der Lage ist, diese

00:37:11: Themen zu verstehen?

00:37:12: Also, was gibt es andere Methoden, außer die Sprache, die man dafür verwenden kann?

00:37:18: Ja, also, ich habe gerade schon gesagt, Worte unterstützen durch Bebilderung.

00:37:26: Also erst recht bei Kindern, die kognitiv eingeschränkt sind, ein Bilderbuch machen.

00:37:32: Das kann ganz einfach sein.

00:37:33: Das kann die erste Seite sein, das ist die Mama Julia, das ist der Papa Mike.

00:37:38: Da brauche ich noch nicht viel Text dazu schreiben.

00:37:40: Und dann geht es weiter.

00:37:42: Also, so mit den Stationen.

00:37:44: Da kann das Krankenhaus drin sein, wo man geboren wird.

00:37:47: Das ist alles ein Aufhänger für die Geschichte, z.B. textischreiblich drunter.

00:37:51: Also, das ist eine Möglichkeit.

00:37:53: Wenn es jetzt keine Bilder gibt, ich höre schon, die sagen, wir haben keine Fotos,

00:37:57: es kommen keine Beis, es gibt es manchmal.

00:37:59: Dann kann man malen und man kann sich was aus dem Internet ziehen.

00:38:04: Da kann Klipparzen nehmen oder so.

00:38:07: Man kann stellvertretend Plämobilfiguren hinstellen und fotografieren.

00:38:10: Und man kann überhaupt auch mit Figuren gut arbeiten.

00:38:13: Ich finde, Plämobil eignet sich total gut.

00:38:16: Sachverhalte zu erklären, ein Lego oder anderes geht auch mit Handpuppen.

00:38:21: Alles, was das Ganze ein bisschen anschaulich und lebendig macht.

00:38:26: Ich mir hat eine Fachbaraterin Pflegekinderdienst

00:38:31: letztens die Geschichte erzählt.

00:38:33: Ich ist auch ins Gespräch gegangen und es ging darum,

00:38:36: dass das Kind bei Pflegeel erlebt.

00:38:38: Und das Kind hatte eine Wart, gerade intensiv mit Puppen gespielt.

00:38:41: Und dann hat es sich die Puppe genommen und hat anhand dieser Puppe,

00:38:44: die das Kind sowieso im Rollenspiel hatte, erklärt, guck mal.

00:38:48: Und die Geschichte des Kindes erzählte.

00:38:50: Da war es zuerst bei der Mama Julia, ich bleibe jetzt dabei.

00:38:53: Und so weiter und so fort.

00:38:55: Und sie haben das mit der Puppe gemacht und das Kind konnte gut einsteigen.

00:38:59: Weil es natürlich schon auch, also es so ja auch mit der Puppe gespielt hat.

00:39:03: Die brauchen Flächen und die muss man zudecken.

00:39:05: Und die braucht ein Bett, wo sie drin schläft, die Puppe und so weiter und so fort.

00:39:09: Also anschaulich sein, das Gespräch oder die Worte durch Bilder,

00:39:16: durch Aktionen, durch Handlungen unterstützen.

00:39:19: Dann wird es leichter.

00:39:21: Auch für den Erwachsenen übrigens.

00:39:23: Und sich wahrscheinlich auch genau das Kind reinversetzen.

00:39:27: Das finde ich ganz spannend, zu schauen, was Interessiertes ist gerade selber.

00:39:31: Wenn es Plämobil ist und jetzt Werbung für Plämobil zu machen,

00:39:34: dann kann es das sein, wenn es eine Puppe ist, dann so.

00:39:36: Das finde ich spannend da, diesen ja auch selber ein bisschen kreativ zu sein.

00:39:40: Als Fachkraft und als Plämon.

00:39:41: Ins Autos, ins Autos.

00:39:43: Ja, genau.

00:39:45: Die Cars-Autos haben ja zumindest Gesichter, vielleicht funktioniert das.

00:39:48: Da geht vieles.

00:39:51: Und mir ist jetzt noch etwas eingefallen zu der Frage von Frau Hinswitzsch,

00:39:54: gerne nachschicken, dieses richtiger Zeitpunkt.

00:39:57: Und wie kann man beginnen, ganz unaufgeregt?

00:39:59: Ganz unaufgeregt kann ich mit einem Ritual beginnen.

00:40:03: Und das ist das Ritual der Geburtstagskerze.

00:40:06: Das heißt, wenn das Kind Geburtstag hat, also schon das kleine Pflegekind,

00:40:11: das war das zwei Jahre alt, dann kann ich eine erste Kerze hinstellen,

00:40:15: eine dickere Kerze.

00:40:17: Und kann dazu sagen, die erste Kerze heute zünden wir an für die Mama Julia

00:40:23: und den Papa Paul, oder für die Mama Julia und den Papa,

00:40:26: von dem wir leider den Namen nicht wissen.

00:40:29: Sie haben dir das Leben gegeben.

00:40:32: Und dann kommt Kerze, ein Jahr, zwei Jahre, drei Jahre und so.

00:40:35: Also es sind zwei Sätze oder drei Sätze.

00:40:38: Und ich habe schon mit drin, dass es da am Anfang des Lebens

00:40:42: noch ein anderes Elternpaar gibt.

00:40:45: Da habe ich noch keinen Vortrag gehalten und noch kein Lebensbuch ausgefüllt.

00:40:50: Und ich habe es schon drin als Ritual.

00:40:52: Und auch wenn es das zweijährige noch nicht kognitiv wirklich versteht,

00:40:57: kann ich mich drauf beziehen.

00:40:59: Du weißt doch, wenn die Frage kommt mit dem Bauch, du weißt doch,

00:41:03: die Mama Julia und der Papa Mike, die haben dir das Leben gegeben.

00:41:07: Und solche Dinge im Alltag, vielleicht gibt es auch ein Bild,

00:41:10: an der Wand hängen darf von den ersten Eltern.

00:41:14: die immer wieder klarmachen, das gehört bei dir dazu zum Leben.

00:41:18: Du hast erste Eltern, das gehört dazu.

00:41:22: Wenn das Kind dann sagt, will ich nicht sehen, das Bild, dann hängt man es wieder ab.

00:41:25: Aber erst mal wäre es die Geste der Pflegeeltern zu sagen, ich hänge es auf

00:41:30: und zeige deine Herkunft gehört mit dazu.

00:41:34: Das kann ich mit der Geburtstagskerze machen, das kann ich mit dem Bild machen

00:41:38: und dann ist es kein völlig fremdes Thema, sondern es ist mit drin im Alltag.

00:41:43: Das macht es leicht dafür, alle Seiten.

00:41:47: Es ist auch so ein stetes Ding, die die Identität dieses Kindes weiter zu stärken,

00:41:54: aufzubauen und Klarheit zu haben, aber auch so ein Gefühl von Sicherheit zu geben an der Stelle.

00:42:01: Stieß ich jetzt da raus.

00:42:05: So dass es das eineseits die, die Fragen richtig sind, die das Kind hat

00:42:09: und vielleicht auch die Unsicherheiten begründet sind,

00:42:13: wie wichtig ist diese Mischung aus dem Kind Sicherheit geben

00:42:19: bei diesem Aufbau von Identität oder dieser Suche nach der Identität?

00:42:24: Wer bin ich eigentlich und den Suche nach den Wurzeln?

00:42:27: Total wichtig, weil das ist ja eine Frage, ist das ja auch nicht so einfach abgeschlossen.

00:42:33: Es ist ja nicht so Identitätsentwicklung, zack, man hat für sich klar, wer man ist,

00:42:38: sondern das verläuft auch so ein bisschen in Willen, in der Pubertät gibt es eine große Auseinandersetzung,

00:42:42: aber es ist vorher schon interessant, wer bin ich und wie bin ich so geworden.

00:42:46: Und je normaler das ist, ja, hier gibt es noch erste Eltern

00:42:51: und von denen habe ich auch was, um so einfacher wird es für die Kinder da zum Beispiel auch Fragen zu stellen

00:43:02: oder das anzuerkennen.

00:43:04: Ich kann es mal andersherum sagen, wenn da so ein großes schwarzes Loch ist,

00:43:07: oder ein Tabu danach zu fragen, beginnt zu gucken

00:43:09: oder wenn so Fantasien da sind über meine ersten Eltern, spricht ja keiner,

00:43:14: das stimmt ganz furchtbar, Menschen oder das, ne?

00:43:17: Also dann wird es schwierig mit der Identitätsentwicklung.

00:43:21: Wenn ich es klar habe, das sind meine ersten Eltern, ich habe die blauen Augen und die blonden Haare von denen

00:43:27: und dass ich musikalisch bin, dann hätte ich auch noch ein bisschen das Gefühl,

00:43:33: ich kann auch auf dem Teil meiner Herkunft stolz sein, weil wir wissen aus der Pflegekinderforschung,

00:43:40: dass viele Pflegekinder sagen, na ja, was soll aus mir werden bei meinen Eltern,

00:43:45: die haben sich nicht um mich kümmern können, oder sich die Frage stellen,

00:43:50: wie werde ich mein Leben später hinkriegen, wenn doch meine eigenen Eltern es nicht geschafft haben,

00:43:55: sich um mich zu kümmern oder wenn doch meine eigenen Eltern ein Suchtproblem haben oder anderes.

00:44:01: Und alles, was wir tun, um das Kind zu unterstützen bei dieser sogenannten doppelten Identitätsfindung, ist gut.

00:44:09: Dazu gehört zu gucken, was es bei den einen, bei den ersten Eltern,

00:44:14: was können wir da auch an wenigstens neutralen Informationen geben oder an guten?

00:44:21: Und das andere schauen sich die Kinder im Alltag von den Pflegeeltern sowieso ab.

00:44:25: Das können sie schon sagen, die können dann sagen, das habe ich von dir gelernt,

00:44:29: weil sie sehen ihre Pflegeeltern und sie wissen, was sie da von denen bekommen.

00:44:34: Aber der andere Teil, das vorher liegt halt manchmal so ein bisschen im Dunkeln,

00:44:40: oder sie erleben vielleicht die leiblichen Eltern, die kommen nicht zum Besuchskontakt,

00:44:45: sie sagen vorhin nicht ab, also sie erleben es ja auch selber,

00:44:48: dass das vielleicht das für die schwer ist, oder dass sie da unzuverlässig sind.

00:44:53: Und ja, also wie kann es gelingen, diese doppelte Identitätsfindung, dass das Kind am Ende des Gefühl hat,

00:45:01: ich bin ein wertvoller Mensch und aus mir, ich bin liebenswehr, ja, aus mir wird was.

00:45:09: Das kann dann besser gelingen, wenn das Kind auf das Gefühl haben darf, ich darf auf meine Wurzel,

00:45:15: ich habe einen Zugang zu meinen Wurzeln erst mal und es gibt auch Dinge, auf die ich stolz sein kann.

00:45:21: Das heißt nicht, dass wir die leiblichen Eltern vergolten.

00:45:24: Das heißt auch nicht, dass wir die Dinge schönreden.

00:45:27: Also das sage ich immer gerne dazu, weil es wird manchmal auch gefragt,

00:45:31: ich kann die doch nicht schönreden, nee, so immer nicht, aber das Schlechtings meistens,

00:45:35: das Schwierige ist meistens sowieso präsent.

00:45:38: Und das Gute, da müssen wir ein bisschen helfen.

00:45:42: Und Sie sagten das gerade gerade bei den Besuchskontakten, wenn die Mutter der Vater es nicht schafft,

00:45:48: das sind ja so Momente, wo glaube ich halt auch die Pflegeeltern dort sehr gefragt sind,

00:45:55: dem Kind ja vielleicht den Frust anzuerkennen, so, dass es okay ist,

00:46:01: dass sie sich sehr auf die Mama gefreut haben und die nicht konnte.

00:46:04: Und die Pflegeeltern aber auch vielleicht eine Wut haben, weil wir sind jetzt zwei Stunden gefahren,

00:46:10: zu dem Termin, das Kind reagiert vielleicht eh auf Besuchskontakte, sehr emotional

00:46:16: und jetzt stehen wir hier und die Mutter ist nicht gekommen.

00:46:19: Also das stelle ich mir auch wirklich sehr, sehr schwer vor für Pflegeeltern,

00:46:24: dort eine Ruhe bewahren zu können und dort auch in Anführungsstrichen professionell zu sein

00:46:31: und diese Brille aufzubelassen von wegen, es gibt den guten, es gibt die Gründe dafür

00:46:39: oder die Erklärungen dafür, warum die Mama der Papa jetzt nicht konnte.

00:46:44: Das ist glaube ich wirklich eine schwere Situation teilweise für Pflegeeltern.

00:46:49: Was würden Sie denen an der Stelle sagen, dass die vielleicht ein bisschen gut mit dieser Situation umgehen können

00:46:58: und wo könnte es dann auch schwierig werden manchmal?

00:47:01: Ja, also ich finde, es ist gut nachvollziehbar, dass wenn ich zwei Stunden gefahren bin

00:47:07: und dann kommt der Besuchskontakt nicht zustande und ich weiß,

00:47:10: das wird jetzt auch eine mega anstrengende Heimfahrt, weil das Kind so entfurcht ist.

00:47:14: Da darf man auch authentisch sein und darf auch sagen,

00:47:20: ich ärgere mich jetzt gerade, ich bin mal zwei Stunden gefahren und die Mama kommt nicht

00:47:26: und du ärgerst dich vielleicht auch gerade und jetzt muss ich mal ein bisschen durchatmen hier

00:47:30: und ich brauche jetzt mal eine Viertelstunde um runterzukommen,

00:47:32: hat das Kind schon mal ein gutes Modell, dass man das auch sein darf

00:47:36: und wenn ich noch mal ein paar Mal durchgeatmet habe oder wenn wir heute Abend zu Hause sind

00:47:41: und dann können wir noch mal reden und dann habe ich mich wieder abgeregt.

00:47:46: Wir sind alles keine Übermenschen, wir haben auch Gefühle

00:47:50: und das Kind merkt es ja, wenn ich da so drüber kleister und irgendwas sage,

00:47:53: was irgendwie pädagogisch wertvoll ist, aber nicht aus dem Herzen kommt.

00:47:56: Also trotzdem ist es gut, das in guten Worten zu sagen,

00:48:00: ich ärgere mich jetzt bei sich zu bleiben.

00:48:03: Vielleicht ärgert sich das Kind nicht, vielleicht ist es beim Kind ein ganz anderes Gefühl,

00:48:08: vielleicht ist das Kind erleichtert, aber vielleicht ist es auch einfach traurig eher als ärger,

00:48:13: das wissen wir nicht, aber die Pflegemutter oder der Pflegevater

00:48:16: oder wie auch immer die Pflegeeltern werden es schon wahrscheinlich eher ärgern.

00:48:19: So und dann kann ich ja wieder auf den Verständnismodus schalten, hoffentlich

00:48:24: und kann hinterher auch ein bisschen rational nochmal sagen, also weißt du,

00:48:29: ich weiß ja wie das ist mit deiner Mama.

00:48:33: Sie nimmt sich das vor, dass sie kommen will

00:48:36: und dann geht sie aus dem Haus und dann weiß sie, ich muss jetzt Straßenbahn fahren

00:48:40: und dann muss ich noch mit dem Zug fahren, das holt ja ein großes Vorhaben,

00:48:44: mit der deutschen Bahn zur Zeit, aber egal, oder da muss ich dann um.

00:48:50: Und ich glaube manchmal ist es so, sie nimmt sich das ganz fest vor

00:48:53: und dann geht sie aus dem Haus und dann schafft es nicht

00:48:55: und dann dreht sie an der nächsten Ecke um.

00:48:57: Und ich würde mir wünschen, die würde dann wenigstens anrufen, das wäre gut.

00:49:01: Aber ich glaube die Mama, die will das schon

00:49:04: und sie schafft es einfach nicht und dann kann ich wieder sagen,

00:49:06: sie hat nicht die Kraft dafür oder oder oder oder,

00:49:10: was habe ich für Argumente?

00:49:12: Manchmal auch, ich glaube für die Mama ist es manchmal traurig,

00:49:16: wenn sie dich sieht und weiß, du bist nicht bei ihr.

00:49:20: Weil da muss man so ein bisschen aufpassen, was das Kind nicht da denkt,

00:49:24: es ist selber dann dran Schulden.

00:49:26: Aber das könnte auch so ein Grund sein,

00:49:28: in meines Erachtens auch ein Grund, warum leibliche Eltern das manchmal nicht schaffen,

00:49:32: weil Kontakt heißt immer wieder auch, ich setze mich selber der Situation aus,

00:49:37: ich habe ein Kind, aber es ist nicht bei mir, weil ich es nicht hinkriege.

00:49:41: Das ist jetzt auch nicht so einfach.

00:49:43: Also das heißt für die Pflegeeltern, in dem Moment, wo das ist,

00:49:48: gucken, dass man nicht völlig durch die dicke Kind,

00:49:50: aber man darf schon den Ärger artikulieren.

00:49:53: Wenn man es dann auch schafft, wenn sie sagen,

00:49:55: weißt du was, wir machen jetzt das Beste draus,

00:49:57: wir gehen jetzt mal ein Eis essen, wäre das gut.

00:50:01: Und hinterher nochmal gucken, wie kann man das verarbeiten?

00:50:06: Also wie kann es das Kind, wie kann man dem Kind helfen, das zu verarbeiten?

00:50:10: Und für das nächste Mal, wenn man das ein paar Mal schon erlebt hat,

00:50:13: und ich glaube, das machen auch viele Pflegeeltern so,

00:50:16: da so höre ich das, vorbauen und sagen, also, du weißt ja,

00:50:20: morgen ist Besuchskontakt.

00:50:22: Und du weißt ja, für die Mama ist es schwer.

00:50:26: Ich habe mir gedacht, wir machen das jetzt so.

00:50:28: Wir machen uns auf jeden Fall einen schönen Nachmittag.

00:50:31: Wir fahren da jetzt los und vielleicht ist er da,

00:50:33: vielleicht ist er nicht da, wir überlegen uns auf jeden Fall,

00:50:36: was wir schönes miteinander machen, so was ja.

00:50:38: Also dass man schon so eine Alternative mit drin hat

00:50:42: und selber so ein bisschen einpreist, gedanklich, könnte klappen, könnte nicht klappen.

00:50:47: Und dann schauen, was kann man denn alternativ machen.

00:50:51: Das finde ich eine gute Idee, dass man da nicht hinfährt mit dem Ding.

00:50:57: Wir haben jetzt den Besuchskontakt, sondern wir schauen das von so einem schönen Nachmittag machen, finde ich schön.

00:51:02: Und nicht mit der Erwartungshaltung hinfahren,

00:51:08: das muss jetzt ganz toll pädagogisch wertvoll sein,

00:51:10: das höre ich auch manchmal aufs Suchskontakt.

00:51:13: Also wenn Eltern, leibliche Eltern, ihre Kinder eine ganze Weile nicht gesehen haben

00:51:19: und da so ein bisschen auch dem entwöhnt sind, wie mache ich das so mit so einem Kind.

00:51:22: Dann ist es manchmal ganz schön schwer für die zu sagen, also wie mache ich das da addig war.

00:51:27: Da gucken dann auch welche zu, wenn es begleitet ist, was mache ich.

00:51:31: Und dann so unter Beobachtung irgendwie pädagogisch wertvoll zu verhalten

00:51:38: und eine gute Zeit zu gestalten ist für viele schwer.

00:51:42: Manchmal hilft es, wenn die Pflegeeltern ein bisschen übernehmen und sagen,

00:51:46: wollen wir mal das Spiel oder die Fachberatung übernehmen.

00:51:51: Oder waffeln, backen, essen ist meistens auch was ganz Gutes,

00:51:55: dass man es ein bisschen moderiert, falls es für die intern schwer ist.

00:52:01: Ich komme nochmal auf das Thema mit dem Kind über die Themen und die Biografie zu reden.

00:52:11: Wie ist es denn, wenn ich merke, dass das Kind auch auf die Themen, die wir besprechen,

00:52:17: dass es darauf emotional reagiert, Wut, Trauer, Rückzug.

00:52:21: Was sind so Momente, wo man merkt, okay, brauchen wir mal eine Pause,

00:52:26: sagen wir vor heute stoppen, wie kann ich als Pflegeeltern darauf gut reagieren?

00:52:31: Nein, brauchen wir mal eine Pause, so wie stoppen ist schon mal gut.

00:52:37: Wenn ich so gestalten ist, dass das Kind selber gut dosieren kann,

00:52:42: will ich jetzt darüber reden, was will ich dazu, wie man also lesen, angucken

00:52:47: und selber entscheiden kann, dann ist es gut.

00:52:50: Und das hätte ich, wenn ich ein Medium habe.

00:52:52: Also wenn ich dann sage, hier, Lebensbilderbuch, willst du mal angucken?

00:52:55: Nee, will ich nicht.

00:52:57: Kann ich ihn auch in den Schrank stellen und kann sagen, kannst du es ja auch selber in Roma angucken?

00:53:02: Manche Kinder wollen auch nicht sich mit beschäftigen, weil sie vielleicht das Gefühl haben,

00:53:06: ich bin dann illojal gegenüber meinen Pflegeeltern, wenn ich viel Interesse zeige an meiner Geschichte.

00:53:13: Ansonsten, wenn das Kind nicht will oder Pause braucht, ist es zu respektieren.

00:53:17: Ich kann das ja nicht mit seiner Geschichte überschütten sozusagen und das hat da gerade keine Antennen für.

00:53:25: Ich würde aber eher umgekehrt bledieren aus meiner Erfahrung heraus, dass die Kinder schon sehr wohl was hören wollen

00:53:33: und wissen, wollen manchmal so große, ganz große Ohren machen, um Sachen mitzukriegen.

00:53:39: Wenn Kinder nicht reden wollen über was, zeigend sie uns das schon

00:53:43: und das respektieren wir dann.

00:53:45: Ich durfte dann die Finger in die Ohren oder sagen la la la la und führ mich zu.

00:53:49: Also das kann ich dann gut respektieren.

00:53:53: Ich würde eher andersrum die Frage stellen, wie versuchen wir es denn?

00:53:57: Ich bin so ein bisschen kritisch immer, wenn mir Pflegeeltern sagen, mein Kind will darüber nicht reden.

00:54:04: Weil dann frage ich schon, wollen sie nicht darüber reden, dann will es das Kind nicht darüber reden.

00:54:07: Ach so, ja?

00:54:09: Also Kinder merken schon, ob wir Gespräche bereiten.

00:54:11: Ja, vorher, ja.

00:54:13: Welche Versuche gab es und wenn man sagt, ich habe da mal angefangen und dann nie mehr.

00:54:17: Man muss sich klar, man muss sich dran trauen.

00:54:20: Ich stehe auch jeden zu, dass allen Pflegeeltern zu sagen, wow, das ist so eine große Kiste.

00:54:25: Mit so schwierigen Themen, da weiß ich gar nicht, wie ich anfangen soll, da habe ich Schiss vor.

00:54:30: So total okay, dafür haben sie Fachberatung, also die Pflegeeltern.

00:54:34: Um sich da unterstützen zu lassen, muss man sich alles selber machen können.

00:54:38: Nur, dass das Kind ein Recht hat auf seine Geschichte und auch wissen soll, was ist gewesen, warum bin ich Pflegekind,

00:54:46: was ist denn wieder Mama, warum kommt denn nicht, warum ist denn die immer so komisch,

00:54:49: oder warum meldet sich der Papa nicht, ja, vielleicht ist er inhaftiert und keiner sagt es zum Kind.

00:54:53: Also es wäre ein Grund, ein Verständlicher, der hat nichts mit dem Kind zu tun, der wird vielleicht gerne, aber kann ja nicht, ja?

00:55:01: So, wenn man nicht darüber reden denkt, das Kind, ich bin so komisch und ich, der liebt mich nicht, deswegen kommt er nicht.

00:55:07: Jetzt haben wir vor allem über Kinder gesprochen, eher über kleinere.

00:55:11: Ich glaube, wenn Kinder älter werden in die Pubertät kommen, bekommt dieses Thema, ich habe zwei Familien, habe zwei Väter, zwei Mütter,

00:55:20: wird das ja nochmal, wahrscheinlich nochmal komplett auf den Kopf gestellt.

00:55:25: Wie sind denn Ihre Erfahrungen mit Biografiearbeit, mit Jugendlichen?

00:55:30: Ja, unterschiedlich.

00:55:34: Eins auf jeden Fall, mit denen kann man nochmal anders reden, ich würde es da ganz wenig Biografiearbeit nennen, weil es steckt Arbeit drin und,

00:55:43: also, schwieriger Begriff.

00:55:45: Und Jugendliche sind meistens nicht so sehr dafür zu haben, dass man jetzt sagt, wir müssen mal hinsetzen und reden, eher ungünstig.

00:55:52: Also, wir wissen alle, die besten Gespräche entstehen oft nebenher auf der Autofahrt, beim Spazieren gehen,

00:56:00: da muss man sich auch nicht angucken, so ist es auch bei der Autofahrt.

00:56:04: Also, es kann ganz gut sein, dass so etwas zu nebenher kommt und da muss ich so ein bisschen gewartet sein, das ist ganz gut.

00:56:10: Und dann ist es mit Jugendlichen so, Jugendliche und Pflegeeltern haben ein Thema in der Pubertät und das heißt Kampf oder Ablösung oder Konflikt oder so.

00:56:21: Also, das ist das Pubertätsthema und da ist oft sind so Gespräche über, also vertrauensvolle Gespräche über,

00:56:29: warum war das früher so, so biografische Gespräche, eher nebenher oder eher nicht das Thema.

00:56:37: Die Pirs sind wichtiger, andere sind wichtiger und da stellt man manchmal auch nicht gerne den Elternpersonen, also den Pflegeeltern, irgendwelche Fragen.

00:56:47: Und weil in der Jugendzeit Identität ein großes Thema ist, sind vielleicht auch die Pflegeeltern eher weniger diejenigen, an die man sich wendet,

00:56:56: weil man mit denen ja gleichzeitig auch sich zupfen muss und auseinandersetzen muss, ablösen muss.

00:57:04: Das heißt, die Frage kann man stellen, wer sollte denn, wer könnte denn im Jugendalter mit Jugendlichen Biografiearbeit machen,

00:57:11: da finde ich sind einfach Personen gefragt, also vielleicht gibt es eine Gruppe oder ein Wochenendseminar mit Pflegekindern.

00:57:18: Also aus der Kehrlieferarbeit wissen wir, oder aus verschiedenen Projekten mit Jugendlichen Pflegekindern, dass es sehr positiv erlebt wird,

00:57:27: dieses Teilen der Erfahrung mit anderen Gleichaltrücken.

00:57:30: Dem anderen geht es, der anderen geht es genauso, wie mir selbe Geschichte erlebt, ähnliche Geschichte erlebt.

00:57:36: Das ist oft zielführender als jetzt die Eltern.

00:57:40: Und dann sagt ich, Pubertät, das sollte eigentlich das Wesentliche schon gelaufen sein.

00:57:44: Also da sollten die Kinder schon wissen, warum, oder die Jugendlichen, warum bin ich Pflegekind, was ist mit meinen Eltern.

00:57:49: Da sollten jetzt keine großen Ausstellen mehr sein und dann sagen wir, da müssen wir jetzt noch darüber reden, weil das ist dann eigentlich zu spät.

00:57:57: Ist zu spät und ja, mit der Pubertät natürlich halt auch die Frage, wer bin ich, die Identität ganz wichtig ist

00:58:04: und dann natürlich vielleicht auch nochmal die Einstellung, die man gegenüber den Eltern hat, sich auch nochmal wandeln kann.

00:58:12: Das heißt, sie auch selber in Loyalitätskonflikte kommen können.

00:58:16: Da fand ich, glaube ich, den Hinweis wichtig, dass vielleicht dann Pflegeeltern nicht immer der beste Ansprechpartner sind,

00:58:22: weil dann können sie auch einfach in Streit enden, der für keinen zielführend ist, aber genau mit entweder Fachkräften oder mit Gleichaltrigen.

00:58:30: Wir haben bei uns im Netzwerk am Wald auch Jugendlichengruppen, wo wir das natürlich auch verstärken, diese Gespräche.

00:58:36: Super.

00:58:37: Find ich da an der Stelle sehr, sehr wichtig.

00:58:39: Ja, super.

00:58:40: Also das finde ich super.

00:58:42: Ich finde, so wie wir heute auch Gruppen haben, in anderen Kontexten, Trennung, Scheidung oder so Kindergruppen, Jugendlichengruppen,

00:58:49: das finde ich für Pflegekinder super hilfreich, wenn es Gruppenangebote gibt, wenn sie das machen, schon wunderbar.

00:58:54: Ich würde dann auch anfügen wollen, also Loyalitätskonflikt und so bei Pflegekindern in der Pubertät,

00:59:01: dass mir ja manchmal echt hatte, außen an das jetzt zu holen.

00:59:05: Dann wirft das Pflegekind, der Pflegemutter an den Kopf.

00:59:08: Du bist ja gar nicht meine richtige Mutter oder so, das macht das halt, weil es kann.

00:59:12: Wenn es eine leibliche Mutter wäre, könnte man das halt nicht sagen, da würde man was anderes sagen,

00:59:15: würde man halt sagen, immer bist du am Arbeiten, ja ist Zeit, aber so, du bist ja gar nicht meine richtige Mutter.

00:59:20: Und das trifft natürlich, wenn man zehn, zwölf Jahre lang die Mama war für das Kind.

00:59:26: Und dann ist vielleicht auch die Pflegemutter nicht ganz frei, sag ich mal, von ihren eigenen Gefühlen,

00:59:32: um da jetzt vertrauensvoll Biografie dabei zu machen, weil dieser Zoff, dieser Auseinandersitzung,

00:59:37: so viel Kraft kostet, dass man grad auch vielleicht weniger Kapazitäten hat.

00:59:42: Oder wenn man dann selber weiß, die Geschichte der leiblichen Mutter,

00:59:46: dass es dann vielleicht auch schwer fällt, da grad sich auf so eine neutrale Position zurückzuziehen.

00:59:52: Also es ist ja nicht nur so, dass das Pflegekind sucht nach seiner Identität,

00:59:57: sondern es ist ja auch so, dass die Pflegehildern auf der anderen Seite auch einiges aushalten müssen, ja.

01:00:04: Ja, ich komme nochmal auf ein anderes Thema, was ich in dem Buch entdeckt habe, die Kaffer-Stories,

01:00:10: in dem Pflegeeltern mit den Kindern zusammen besprechen können, wie sie beispielsweise,

01:00:15: die Gründe, warum es ein Pflegekind ist, warum der Nachnamen ein anderer ist,

01:00:20: was er beispielsweise in der Schule auftreten kann, im Kindergarten oder normal im Alltag,

01:00:26: können Sie mir ein bisschen was von diesen Kaffer-Stories erzählen?

01:00:29: Also Kaffer-Stories, erstmal soll nicht heißen, Kaffer im Sinne von Zudecken, sondern eher Kaffer im Sinne von Schutz, ja.

01:00:36: Schutz. Es muss nicht jeder alles Mögliche an Details wissen aus der Geschichte des Pflegekindes.

01:00:42: Und da finde ich wichtig, dass die Pflegeeltern das Kind auch dabei unterstützen.

01:00:47: Was kann eine Kaffer-Story sein?

01:00:50: Kleine Kinder können da noch nicht mithandieren, also auch bis in die Grundschulzeit können sie noch nicht unterscheiden zwischen außen,

01:00:57: was erzähle ich hier, was erzähle ich da? Die erzählen es so, wie sie es hören von zu Hause, erzählen sie es woanders,

01:01:03: deswegen ist es so wichtig, dass wir gute Worte nehmen, ja.

01:01:06: Meistens ab dem Übergang in die weiterführende Schule wollen Kinder und können Kinder auch selber entscheiden,

01:01:14: wem erzähle ich das dann überhaupt, dass ich Pflegekind bin.

01:01:17: Und da ist Kaffer-Story ein wichtiges Thema, dann kann man mit dem Kind zum Beispiel zusammen überlegen,

01:01:25: sag mal, du kommst ja also auf eine neue Schule, hast du schon mal überlegt, was du sagst, wenn jemand fragt, warum du Müller heißt und wir heißen Meier oder so, oder, oder,

01:01:36: warum du am Wochenende nicht da bist, weil du besuchskontakt oder sowas, oder warum du Pflegekind bist.

01:01:42: Und dann kann man gemeinsam überlegen, was möchte ich denn sagen.

01:01:45: Und da finde ich immer gut, wenn man mehrere Strategien dem Kind mitgibt.

01:01:49: Und die kann man dann zum Beispiel im Lebensbuch notieren, das kann man ein bisschen üben und dann auch aufschreiben oder einen Spickzettel machen.

01:01:57: Mehrere Strategien, nicht immer passt das ein oder das andere.

01:02:01: Also Strategie Nummer eins, die ich gut finde und die man auch als Pflegeeltern brauchen kann,

01:02:06: weil auch Pflegeeltern werden ja gefragt, ihr habt ein Pflegekind, was ist denn da die Geschichte?

01:02:11: Also Pflegeeltern brauchen ja auch eine Coverstory, die wollen ja auch nicht jeden erzählen, was ist die Geschichte des Kindes.

01:02:18: Und eine Strategie ist zum Beispiel Rückfragen, nicht rechtfertigende Rückfragen.

01:02:23: Also wenn jemand fragt, warum bist du Pflegekind oder warum seid ihr Pflegeeltern oder was ist mit eurem Kind?

01:02:28: Dann könnte man Rückfragen sagen, sie sind aber neugierig oder das interessiert sie jetzt, gell?

01:02:36: Also freundlich zurückgeben und nicht sich in die Ecke drängen lassen, ich muss jetzt hier erklären, weil manchmal hat man auch keine Lust.

01:02:44: Und das muss man auch nicht erklären.

01:02:46: Und eine gute Antwort ist immer, bei uns ist es halt so, das passt für ganz viele Dinge.

01:02:51: Ihr habt ja unterschiedliche Namen, bei uns ist es halt so.

01:02:54: Du hast ja ne andere Hautfarbe als deine Eltern, bei uns ist es halt so.

01:02:59: Das trifft für viele Familienformen zu. Also es ist ja nicht so, dass Pflegefamilie die einzigste Familienform ist, sondern es gibt ja super viele Familienformen.

01:03:11: Und manche müssen sich weniger und andere mehr erklären.

01:03:15: Wenn ich Leuten sage, wir sind ne Patchwork-Familie, kommt meistens keine Nachfrage mehr.

01:03:19: Könnte man auch als Coverstory nehmen sagen, wir sind ne Patchwork-Familie.

01:03:23: Und letztlich geht es darum, so ein bisschen beim Kid zu schärfen, wem erzähle ich was.

01:03:30: Und das ist auch wieder die Kontrolle über die eigene Geschichte.

01:03:33: Selber entscheiden zu können, wem erzähle ich was.

01:03:36: Der besten Freundin erzähle ich ein bisschen was von mir und warum ich Pflegekind bin.

01:03:41: Aber der Frau an der Supermarktkasse oder ich weiß es nicht oder dem Lehrer, den ich nicht mag, dem erzähle ich dann nichts, weil ich das nicht will.

01:03:49: Weil ich vielleicht auch nicht sicher bin, was mit meiner Geschichte passiert. Kontrolle über die Geschichte.

01:03:54: Und dazu ne Coverstory.

01:03:57: Jetzt sage ich Ihnen mal eine super gute Antwort, die ich von einem Pflegekind hab.

01:04:02: Dann denke ich immer, der sollte ein Euro kriegen, jedes Mal wenn ich das erzähle, und das toll ist.

01:04:07: Der war Pflegekind, 12 Jahre alt, war eine Zeit lang in der Psychiatrie.

01:04:12: Und hat sich überlegt, wenn er zurückkommt in die Schulklasse, will er jetzt auch nicht da anfangen erzählen, warum und wie und was.

01:04:18: Und dann hat er sich die Folgen überlegt, wenn jemand fragt, warum warst du in der Klinik, ne?

01:04:22: Das ist eine lange und komplizierte Geschichte.

01:04:27: Tot.

01:04:29: Wenn du noch gefragt wird, warum warst du jetzt in der Klinik, das ist eine lange und komplizierte Geschichte.

01:04:34: Und das finde ich eine super Antwort, die passt auf alle möglichen Fragen.

01:04:39: Die geht auch für Erwachsene, für Pflegeeltern, wenn die gefragt werden von neugierigen Nachbarn.

01:04:44: Was ist denn mit eurem Pflegekind, was ist denn da mit der Mutter oder dem Vater, warum kann das da, das ist eine lange und komplizierte Geschichte.

01:04:51: Ja, und dann schalten die meisten ab und denken, die will ich gar nicht hören.

01:04:55: Genau, die, die es hören wollen.

01:04:57: Oder sie merken, dass da eine Grenze gesetzt wird, weil manchmal die Leute fragen ja nicht unbedingt aus Bösewilligkeit, die sind neugierig und die sind vielleicht auch positiv neugierig.

01:05:08: Manchmal erzählen mir Pflegeeltern, dass andere Leute sagen, oh, der Pflegekind, das könnte ich ja nicht.

01:05:14: Das impliziert gleich schon mal, es ist auch wieder was extra Besonderes.

01:05:18: Also es ist ein paar Antworten zu überlegen, damit man ein bisschen eine Bandbreite hat, finde ich gut und aufschreiben mit dem Kind.

01:05:25: Oder üben mit dem Kind. Wirklich Situationen üben, das kann ich wiederum gut in Gruppen machen mit Kindern.

01:05:30: Also wenn mehrere Pflegekind da zusammen sind, zu gucken, was gibt's da für Antworten?

01:05:36: Oh, spannend. Ich dachte gerade, ich habe noch nicht mit dem Pflegevater ein Interview geführt, der dann auch häufig gesagt hat, als in der Vorbereitung waren,

01:05:47: Pflegekind habt ihr euch das gut überlegt und er hat das halt auch für sich übergriffig, er hat das sehr witzig genommen und sagte, warum fragst du das?

01:05:54: Ich fragte auch keine Schwangere, hast du dir das gut überlegt?

01:05:58: Und da an der Stelle wird das glaube ich ziemlich deutlich, dass gerade dieses Thema Pflegekind sehr viel Unwissenheit und auch ein bisschen Stigmatisierung drin ist.

01:06:09: Und einige Fragen quasi, einige Fragen gestellt werden, die man in Anführungsstrichen, in normalen Familien nicht stellen darf, weil man es einfach nicht kennt, glaube ich.

01:06:22: Manchmal ist es auch einfach übergriffig und frech. Und auch da könnte man, also kann man noch mal als Pflegeeltern überlegen, wenn man als Eltern gefragt wird,

01:06:32: kann man auch, manchmal muss man auch deutlich eine Grenze setzen und muss sowas sagen, wenn jemand sagt, was ist mit der Mutter oder mit der Familie,

01:06:40: warum kann das Kind da nicht, warum ist das Pflegekind?

01:06:42: Dann kann man auch sagen, also Sie sind neugierig und so, kann man auch sagen, also über die Geschichte unseres Kindes reden wir in unserer Familie zum Beispiel.

01:06:54: Oder Sie werden verstehen, dass unser Kind entscheiden soll, was es von seiner Geschichte erzählt und dass sich das nicht mit außen stehenden bespreche.

01:07:03: Klar, manche Leute haben dann Fantasien, das ist jetzt extra speziell schwierig oder so.

01:07:08: Aber nochmal um klarzumachen, hier geht es um Lebensgeschichten.

01:07:11: Und man kann nicht in drei Sätzen irgendwie sagen, ja, die Mutter ist suchtkrank und der Vater ist inhaftiert, alles viel zu privat geht ja nicht jetzt gut in die Welt, was an.

01:07:21: Also beim Kind, klar, keine Geheimnisse machen, aber nach außen auch dem Kind ein Vorbild sein, in dem man zeigt, man darf sich abgrenzen.

01:07:32: Und ein guter Satz ist auch nochmal fürs Kind, wenn es gefragt wird, ich möchte da nicht drüber reden.

01:07:40: Das lernt mir sonst nicht so als Kind, da weiß man eigentlich, wenn mich jemand fragt, als Erwachsener gebe ich eine Antwort, ja.

01:07:46: Aber ich möchte da nicht drüber reden, ich möchte mit dir nicht drüber reden, was ist es meins, ja.

01:07:51: Generell wichtig, nein sagen zu können, ich glaube gerade, auch insbesondere für Pflegekinder.

01:07:58: Genau, ich wollte jetzt noch auf dieses Thema kommen, warum bin ich ein Pflegekind, was natürlich ein schwieriges Thema ist.

01:08:10: Wie ist es denn bei denen, Sie sagten eben, es gibt keine Sachen, die man nicht mit Kindern besprechen kann.

01:08:16: Wenn beispielsweise klar ist, das Kind wurde körperlich zügig misshandelt.

01:08:23: Oder das Kind ist durch einen sexuellen Übergriff entstanden, würde ich als erstes denken, mein Gott, das kann ich dem Kind doch gar nicht erklären, das kann ich doch niemals sagen.

01:08:35: Wie kann man es doch sprachfähig machen?

01:08:39: Also erstmal würde ich sagen, bitte immer dran denken, das Kind hat alles erlebt.

01:08:45: Ein Kind, was misshandelt wurde oder ungergelitten hat, hat es erlebt und manchmal hat es Verhaltensweisen, die daraus resultieren.

01:08:53: In der Traumapädagogik sagen wir, Psychoeducation ist wichtig, also die Geschichte des sogenannten guten Kondens zu sagen, weil du als kleines Kind nicht immer was zu essen gekriegt hast, wenn du Hunger hattest.

01:09:07: Daher kommt, dass du heute ganz oft deine Sachen unter dem Essen und am Bett verstecken musst, bis es schimmlich wird.

01:09:12: Das hilft dem Kind und entlastet es, dass es weiß, ich bin nicht komisch, sondern es ist eine Folge von dem, was ich erlebt habe.

01:09:20: Das heißt, da haben wir schon viele Sachen, wo wir sagen können, man muss das auch Kindern sagen, in guten Worten, ja, ohne Angriffe oder ohne Verurteilung, aber man muss es auch Kindern sagen, weil sie haben es erlebt.

01:09:31: Und das erklärt ihr Verhalten. Es erklärt ihnen selber ihr Verhalten, warum manches, sie mit manchem auch anecken.

01:09:40: Wenn ich jetzt bei so was bin wie FSD, fetale Alkohol, Spektrumstörung, ist es doch wichtig, dass wir sagen, weißt du, als du nur im Bauch von deiner Mama warst, da hat die Mama manchmal getrunken oder öfter getrunken oder sie war suchtkrank.

01:09:56: Da müssen wir wieder ein bisschen was wissen, was war denn da? Man könnte sagen, ich glaube, die Mama hat nicht gewusst, dass das nicht gut ist für ein kleines Baby.

01:10:04: So ist es. Und dann kann man sagen, und daher kommt, dass du heute beim Lernen manchmal Probleme hast.

01:10:13: Und das ist dir schwerfällt, dir die Sachen zu merken. Also so kann man es erklären, um das Kind auch zu entlassen, wo liegt die Verantwortung?

01:10:20: Wenn es jetzt um Missbrauch geht, Entstehung durch Gewalt, brauche ich auch Kontext, wie sind dazu?

01:10:29: Dann kann ich auch nochmal gucken. Beim kleinen Kind kann ich sagen, also kleine Kinder nehmen wir zum Beispiel an, dass Eltern sich lieben, um ein Kind zu kriegen.

01:10:38: Oder dass man sich lieben muss, um ein Kind zu kriegen. Manche Kinder nehmen auch an, man muss verheiratet sein, um ein Kind zu kriegen.

01:10:43: Aber ich glaube, es verändert sich gerade ein bisschen. Dann wäre schon mal ein erster Schritt zu sagen, deine Eltern waren kein Liebespaar.

01:10:51: Oder zu sagen, deine Mama hatte es schwer mit dem Mann, der dann Papa geworden ist.

01:10:59: Also, dass man da schon guckt, dass man nicht so ein Bild trickt von Eltern, lieben sich, kriegen Kind und später muss man es quasi revidieren.

01:11:05: Es war doch nicht ganz so. Das ist schwierig. Die Geschichten müssen von Anfang an stimmen.

01:11:10: Und dann muss man im Einzelfall gucken, wie formuliere ich das jetzt? Und meistens hilft es, wenn man es möglichst leinschrittlich konkret macht.

01:11:18: Also erklärt, deine Eltern waren noch sehr jung oder die Mama hat auf einer Party jemanden kennengelernt.

01:11:24: Jetzt die Frage, was es war, das sind ja die Geschichten unterschiedlicher.

01:11:28: Und dann könnte so eine Formulierung sein, sie ist zum Sex gezwungen worden.

01:11:33: Das würde ich jetzt nicht mit einem Vierjährigen machen. Das ist dann eher was für so ein späteres Grundschulalter.

01:11:39: Man muss einfach im Einzelfall gucken, also der Entwicklungsalter des Kindes auch.

01:11:43: Wie formuliert man es? Und wenn es so eine Geschichte ist, wo es auch um Eltern als Täter in Anführungszeichen geht,

01:11:52: dann ist ja immer auch eine Frage, die sich Kinder, nicht als kleines Kind, aber im Jugendalter stellen, was habe ich denn von dem, der da mein Papa ist?

01:12:01: Hab ich da auch? Wäre ich auch mal gewalttätig oder sowas? Und dann muss man diesen Teil noch thematisieren, dass man sagt,

01:12:09: also zum einen vielleicht sagt, weißt du, das ist eine schwere Entstehungsgeschichte für ein Kind.

01:12:15: Wir finden, du sollst die trotzdem wissen. Und eins ist klar, man ist als Kind nicht verurteilt,

01:12:22: dazu Dinge zu wiederholen, die man erlebt hat oder dass man sagt, das ist nicht vererbbar,

01:12:27: dein Vater ist damit nicht auf die Welt gekommen. Und das könnte schon so ein Punkt sein bei Gewalt, dass es schwer fehlt.

01:12:34: Also ich finde es auch schwer, also zu erklären, dass auch ein Mensch, der ein Mann, der der Frau Gewalt antut,

01:12:41: wenn ein Kind durch Vergewaltigung entstanden ist, da trotzdem auch zu sagen, der hat auch noch andere Eigenschaften.

01:12:52: Das ist ein Teil und der ist nicht in Ordnung, das muss man auch benennen.

01:12:57: Aber es gibt auch anderes, weil wir können Menschen nicht darauf reduzieren auf eine Tat.

01:13:04: Das wird für das Kind dann schwieriger mit der Identitätsentwicklung.

01:13:08: Und bei so schwierigen Sachen, Tötungsdelikt, Inzis, Vergewaltigung, sind es oft nur so diese plakativen,

01:13:16: schwierigen Themen, die wir kennen, oder Sachverhalte, die wir kennen.

01:13:22: Dann wäre so der Auftrag zu gucken, was kann man noch erzählen, dem Kind, damit es auch eine Geschichte mit einem Kontext wird.

01:13:30: Man kann ganz schwierige Geschichten auch als Tiergeschichten verpacken.

01:13:34: Es sind dann leichter für das Kind, weil es sich leichter distanzieren kann.

01:13:39: Dann ist es eben nicht der kleine Pause, sondern es ist dann in der Tiergeschichte der Kater Peter oder so was.

01:13:47: Also nimmt man auch nicht denselben Namen.

01:13:49: Also so was kann man machen.

01:13:51: Tiergeschichten helfen dem Kind, sich besser zu distanzieren.

01:13:54: Weil das Tier ist ein Tier und das bin ich ich als Kind.

01:13:57: Dazu unbedingt fachliche Unterstützung und Hilfe holen.

01:14:01: Und es gibt den Begriff der Traumaerzählgeschichte.

01:14:04: Die hat auch eine bestimmte Struktur.

01:14:06: Also man sagt, es hat einen Anfang und dann gibt es diesen dramatischen sozusagen Höhepunkt.

01:14:11: Und dann gibt es eine Rettung oder eine Heilung oder ein gutes Ende.

01:14:14: Es ist sehr gut ausgegangen.

01:14:16: Auch dazu sich Unterstützung holen.

01:14:19: Kann man auch noch mal gucken, gehört so was, wenn es eine Traumatherapie sowieso gibt, gehört es da rein oder wer kann das machen.

01:14:26: Aber es ist immer so, es ist die Geschichte des Kindes.

01:14:29: Und es muss sich damit auseinandersetzen und letztlich auch akzeptieren, dass es so ist.

01:14:36: Und besser ist, man wächst damit da hinein oder damit auf und kann sich dieser Lebensgeschichte in seinem Tempo gut nähern.

01:14:47: Als dass man die ganze Zeit so ein Kokonskind drum bastelt und irgendwann kommt die Eröffnung.

01:14:52: Das ist schwierig.

01:14:54: Also wenn man schon von vornherein weiß, meine Mutter hat es schwer mit meinem Vater oder meine Eltern hatten erwachsene Probleme.

01:15:01: Später darf ich da erfahre ich das genauer.

01:15:04: Also nicht alles verschiebt, aber schon mal sagen, was dann dann ist es leichter damit auch klarzukommen.

01:15:12: Und das ist ja keine Auseinandersetzung, wenn man sagt, die ist dann beendet.

01:15:17: Das ist ein Prozess.

01:15:19: Wenn man sich dem nähern will, diesen schwierigen Teil in seiner Lebensgeschichte, kann ja jeder auch für sich selber mal gucken, wie ist es denn bei mir.

01:15:27: Also jeder von uns hat auch in seiner Lebensgeschichte Themen, wo man eher unversöhnlich ist oder eher versöhnlich.

01:15:33: Und es gibt da durchaus Menschen, die auch mit 50 noch mit ihren eigenen Eltern hadern.

01:15:38: Das ist das, was nicht funktioniert hat.

01:15:41: Ich will das nicht bagatellisieren.

01:15:43: Also die Pflegekinder haben da meistens einfach nochmal mehr und tiefergehende Themen.

01:15:48: Nur, wir können die nicht, es gehört mit dazu.

01:15:53: Und wir können das Kind darin unterstützen, in denen wir es darin begleiten.

01:15:57: Und manchmal auch im Kind ein bisschen mitweinen und sagen, ich hätte es für dich auch anders gewünscht.

01:16:02: Und vielleicht kann man auch sagen, es hat einen schlechten Start gehabt.

01:16:08: Oder das war ein ungünstsches Voraussetzungen oder das ist damals für deine Mama schwer gewesen.

01:16:14: Und die andere Seite ist, es ist was Gutes draus entstanden, weil du bist ein toller Mensch.

01:16:19: Das gehört ja auch immer dazu.

01:16:21: Und du bist ein starker Mensch und man kann auch an so schwierigen Sachen wachsen.

01:16:26: Also auch auf diese Seite nochmal zu gucken.

01:16:29: Das finde ich ganz wichtig und ich finde die Punkte, die Sie sagen, auch wirklich einleuchten.

01:16:35: Es gibt ja aber auch andere Denkrichtungen, die sagen, was früher war, war früher.

01:16:42: Und das Kind, du bist jetzt in Sicherheit und du kannst dir ein komplett neues Leben anfangen.

01:16:50: Und dann ist es doch besser, lass dann doch mal den Deckmantel des Schweigens erst mal drüber sein.

01:16:57: Weil du bist hier sicher und wir geben dir Schutz.

01:17:01: Und dann haben vielleicht Pflegeeltern Angst vor Retraumatisierung,

01:17:07: dass diese schweren Themen nochmal aufgerissen werden. Warum muss das denn sein?

01:17:12: Was würden Sie denen sagen?

01:17:14: Den würde ich sagen, dass man das nicht wegstecken kann.

01:17:17: Ich glaube, wir haben das in der Forschung hinreichend bewiesen,

01:17:20: sowohl bei den Kriegskindern und Kriegsenkel über transgenerationale Traumatisierung

01:17:25: oder transgenerationale Weitergabe, wenn man über ein Trauma nicht spricht,

01:17:29: wenn das ein Tabuthema ist, in Familien, das wissen wir von Holocaust-Überlebenden,

01:17:33: das wissen wir auch von den Kriegskindern hier bei uns in Deutschland.

01:17:37: Dann kommt es an eine andere Stelle, ploppt es hoch.

01:17:40: Also man kann es nicht verdrängen oder unterdrücken.

01:17:44: Und ich plädiere stark davor, dem einen Raum zu geben, dass es integriert werden kann ins Leben.

01:17:50: Dann muss ich auch nicht mal die Angst haben, das ploppt irgendwo unkontrollierbar auf.

01:17:55: Weil das ist ja die Angst, die wir haben.

01:17:57: Retraumatisierung, irgendein Trigger wird gesetzt, dann ploppt was auf, nicht kannst du nicht steuern.

01:18:01: Wenn ich die Geschichte des Kindes in eine Lebenserzählung fasse, in ein Narrativ

01:18:07: und das Sortiere, Strukturiere und Ordne, dann kann ich sowas auch ablegen.

01:18:12: Also dann ist das klar, da habe ich das in den Buch dritt, das Buch kann ich auf die Seite stellen,

01:18:16: gucke es mir an, wenn ich da Lust habe oder auch nicht.

01:18:19: Und dann habe ich nicht immer so eine, weiß nicht, so eine Büchse der Pandora, die sich öffnen kann

01:18:24: und ich weiß gar nicht, was kommt daraus.

01:18:26: Also ich helfe dem Kind, seine Lebensgeschichte, Kontrolle, Lebensgeschichte handhabbar zu machen

01:18:32: und nehme damit auch die Angst.

01:18:34: Da ist ja noch irgendwas, das war bei so Daroben und irgendwann weiß ich nicht genau,

01:18:38: ob ich da mal hinkugenden, tiefen Keller steig und danach suche.

01:18:42: Ich würde die Pflegeeltern sehr ermutigen wollen, sich zur Verfügung zu stellen.

01:18:46: Die müssen keine Traumarexperten sein, also da gibt es Traumotherapie und da gibt es Fachberatungen und so was.

01:18:52: Also das müssen die ja gar nicht selber machen und die dürfen auch gerne sagen, ich habe da Respekt vor,

01:18:57: da traue mich da nicht dran.

01:18:59: Was sie aber machen können und das machen sie auch, ist sie im Alltag sich zur Verfügung stellen und zu sagen,

01:19:05: ja, das ist kein Tabuthema, das muss man nicht nach hinten schieben.

01:19:09: Das ist deine Geschichte, deine Lebensumstände gehören zum Familienleben mit dazu.

01:19:15: Das ist das, was du mitbringst.

01:19:17: Und das darf hier ein Thema sein, das darf man hier auch fragen stellen und das muss man nicht in eine Kiste irgendwie packen.

01:19:26: Und auch wenn es schwere Themen sind, die vielleicht, es dauert, bis man es gut verarbeiten kann,

01:19:34: bis man auch als Familien ein gutes oder als Pflegeeltern gute Worte wirklich gefunden hat,

01:19:40: ist es ja wahrscheinlich für die Beziehung von Pflegeeltern zum Pflegekind

01:19:44: und andersrum wahrscheinlich elementar wichtig, dass sie wissen, die sind immer zu mir ehrlich und authentisch gewesen.

01:19:52: Auch nur Rückmeldung übrigens von Pflegekindern.

01:19:55: Ich habe mich jetzt gerade Projekt Jugendhilfe nachgefragt, im Januar Kompetenzzentrum Pflegekindern mit heute Erwachsenen oder Jugendlichen und Erwachsenen Pflegekindern einwitscher Punkt.

01:20:05: Meine Pflegeeltern waren immer ehrlich zu mir.

01:20:08: Und sie haben es ausgehalten.

01:20:09: Ich glaube, das ist nochmal eine wichtige Botschaft, die ich dem Kind vermittle.

01:20:12: Ich halte das aus, ich halte deine Geschichte aus.

01:20:15: Ich weiß, du hast schwierigst erlebt.

01:20:17: Ganz andere Sachen, wie ich die kenne so als Pflegeeltern, ich halte das aus.

01:20:23: Das ist sagbar, da darf man drüber sprechen.

01:20:27: Und ich halte das mit dir aus.

01:20:30: Das Traurige, das Schwere, aber auch das andere natürlich.

01:20:34: Ich halte es mit dir aus, ich stehe das mit dir durch.

01:20:38: Frau Latscher, ich bin am Ende mit meinen Fragen.

01:20:43: Jetzt tun wir es mal so, wie es in einem großen anderen Podcast immer ist,

01:20:47: der erzählt, dass er am Potsdamer Platz eine Werbetafel hat, wo ein Satz stehen kann.

01:20:54: Ich bin jetzt hier gerade im Münster und wenn ich jetzt hier nach Hause fahre

01:20:58: und eine Werbetafel sehe vom Netzwerkpflegefamilie,

01:21:02: aber Frau Latscher hat das Zitat, was da drauf stehen darf.

01:21:08: Welches wäre das?

01:21:10: Eines von Igobor Bachmann.

01:21:13: Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.

01:21:16: Vielen, vielen Dank. Das machen wir so.

01:21:19: Ihr fahrt ja noch ein paar andere ein, aber ich glaube, das ist schon der beste.

01:21:23: Der passt auf jeden Fall super.

01:21:27: Das war das Interview mit Birgit Latscher.

01:21:29: Viele Gedanken daraus gingen mir nach und ich habe wirklich einiges mitnehmen können.

01:21:33: Besonders der Gedanke, dass es eigentlich nichts gibt, was man nicht besprechen kann

01:21:37: und wie viel Wahrheit Kinder tatsächlich verarbeiten können,

01:21:40: hat mich tief beeindruckt.

01:21:42: Wie ging es euch damit? Feedback zur Sendung, gerne auf unserem Instagram-Kanal

01:21:46: oder via Mail an s.sug, das schreibt man suuck@vse-nrw.de

01:21:55: Zum Schluss möchte ich euch noch zwei Buchumfehlungen mitgeben.

01:21:58: Einmal "Viele Eltern für Mia", ein Bilderbuch für jüngere Pflegekinder,

01:22:03: vom Kompetenzzentrum Pflegekinder

01:22:05: und das zweite Buch "Herzwurzeln" von Shirin Homayer und Irma Laviman.

01:22:10: Vielen Dank für's Zuhören und bis zum nächsten Mal.

01:22:14: Netzwerk Pflegefamilien, der Podcast

01:22:20: "Herzwurzeln"

01:22:25: [MUSIK]

01:22:27: * Musik *

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